Präsidentschaftswahl in der Ukraine: Favoriten und Aussenseiter
Die Ukraine steht vor einer Schicksalswahl. Bürgerkrieg oder ein Ende der Krise. Sämtliche Bemühungen, den Konflikt am Runden Tisch zu lösen, blieben bislang erfolglos.
Die Menschen in der Ukraine wollen keinen Krieg und sehnen sich nach einem besseren Leben.
«Viele Menschen im Land verbinden die Wahl mit der Aussicht auf ein besseres Leben und auf wirtschaftlichen Aufschwung», sagt SRF-Korrespondent Christof Franzen. Der Staat steht finanziell am Abgrund, seit Ausbruch der Krise hat der Griwna stark an Wert verloren und die Lebenshaltungskosten sowie Importe und Gaspreis haben sich massiv verteuert.
Favorit Poroschenko
Wer soll nun das Land aus der Krise führen? Die besten Aussichten hat derzeit Pjotr Poroschenko. Einige Umfragen sagen dem Süsswaren-Fabrikant sogar einen Wahlsieg in der ersten Runde voraus.
Der 48-Jährige war der einzige Oligarch im Land, der sich von Janukowitsch distanzierte und klar hinter die pro-europäische Protestbewegung vom Maidan stellte. Sein Fernsehsender Kanal 5 bot den Demonstranten im Gegensatz zum Staatsfernsehen ein Forum.
Der ehemalige Wirtschafts- und Aussenminister steht klar für einen pro-westlichen Kurs und eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland. Den Neustart der Politik sollen Parlamentswahlen im Herbst garantieren.
Timoschenkos Chancen stehen schlecht
Die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko liegt zwar in den Umfragen auf Platz zwei, eine Siegeschance räumt Franzen der einstigen Ikone der Orangen Revolution aber nicht ein. «In der Ukraine gilt sie als Frau von gestern». sagt Franzen. Einen Neustart unter ihrer Führung trauen Timoschenko nur wenige zu.
Auf Platz drei liegt Sergej Tigipko. Auch er verfügt über Regierungserfahrung. Das frühere Mitglied der Partei der Regionen, die einst von Janukowitsch geführt wurde, tritt als unabhängiger Kandidat an.
Der 44-jährige Geschäftsmann und frühere Gouverneur der ost-ukrainischen Stadt und Region Charkow, Michailo Dobkin, ist der Kandidat der Partei der Regionen. Er hat die Proteste auf dem Maidan in Kiew scharf kritisiert und stellt die Legitimität der Übergangsregierung in Frage.
Sein Wahlkampf wurde finanziert vom reichsten Mann der Ukraine, dem Kohle- und Stahlmagnaten Rinat Achmetow, der zuletzt auch die Aktionen pro-russischer Separatisten verurteilte und Proteste gegen sie organisierte.
Grösste Beobachtermission der OSZE
Die Schicksalswahl in der Ukraine findet aber unter schwierigen Umständen statt. Im Osten des Landes wird noch immer gekämpft und die selbsternannte Republik Donbass erkennt die Wahl nicht an, will sie sogar verhindern.
Die Übergangsregierung in Kiew will mit einem Grossaufgebot von Sicherheitskräften für einen geordneten Ablauf der Wahl sorgen. 55'000 Polizisten und 20'000 Freiwillige wurden dafür aufgeboten. Die OSZE begleitet den Urnengang mit der grössten Mission ihrer Geschichte. Mehrere tausend Beobachter sollen Wahllokale und Urnen überwachen.
Der Schlüssel liegt in Moskau
Für viele Experten wird der Neustart der Ukraine nicht von den 35 Millionen Wahlberechtigen entschieden, sondern in Russland. Zwar ordnete Putin einen Truppenrückzug an, äussert aber gleichzeitig Zweifel an der Legitimität der Wahl.
Es werde für Russland schwer, Beziehungen zu einer ukrainischen Führung aufzubauen, die in einer Zeit wachsender Spannungen an die Macht komme, sagte Putin am Mittwoch während seines China-Besuchs in Shanghai.
«Mit seiner abwartenden Haltung behält sich Putin sämtliche Optionen offen», analysiert Christof Franzen. «Kommt es tatsächlich nach dem 25. Mai zu Parlamentswahlen und einer neuen Regierung, wird die Berücksichtigung des Ostens eine entscheidende Rolle spielen.»