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Berlusconi am Rednerpult
Legende: Zum fünften Mal an die Macht? Von 1994 bis 2011 war der Cavaliere mit Unterbrechungen vier Mal Ministerpräsident. Reuters

International Verbale Breitseiten: Berlusconi angriffslustig wie immer

Berlusconis Umfragewerte sind schlecht, trotzdem will er aufs politische Parkett zurückkehren. Seine Attacken auf Monti zeigen: Er ist bereits im Wahlkampf.

Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat in seinem eigenen Fernsehsender «Canale 5» gegen Ministerpräsident Mario Monti und die deutsche Regierung gewettert.

Unsicherheit in Italien

Monti habe mit einer von Berlin diktierten Sparpolitik Italien in eine Rezession manövriert. Auf Kosten anderer Staaten habe Deutschland durch geringere Finanzierungskosten sogar Vorteile aus der Finanzkrise gezogen, erklärte Berlusconi 13 Monate nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident.

Berlusconis Popularität am Sinken

«Die Monti-Regierung ist der deutschen Politik gefolgt, die Europa auch anderen Staaten auferlegen wollte. Dadurch hat sie eine Krisensituation geschaffen, die schlimmer ist als zuzeiten unserer Regierung».

Berlusconis Angriffe auf Monti erfolgten nur kurz nach seiner Ankündigung, bei der im Februar oder März anstehenden Wahl erneut für das Amt des Regierungschefs zu kandidieren.

Aktuelle Umfragen sehen den 76-Jährigen bei lediglich 15 Prozent. Mit so tiefen Werten ist er auf Koalitionspartner angewiesen, um in der Frage der Regierungsbildung mitmischen zu können.

Berlusconi muss aber auch eine neue politische Heimat finden. Er erwägt deshalb die Forza Italia neu ins Leben zu rufen. Der Unternehmer Berlusconi hatte die Mitte-rechts-Partei 1993 gegründet, im März 2009 ging die Forza in der neuen Partei Popolo della Liberta auf.

Mehrere Verfahren

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Zurzeit laufen gegen Silvio Berlusconi vier Verfahren. In der sogenannten Ruby-Affäre wird ihm Amtsmissbrauch und Förderung der Prostitution Minderjähriger vorgeworfen. Im Mediaset-Prozess geht es um Steuerhinterziehung in der Höhe von 470 Millionen Euro.

Laut SRF-Korrespondent Philipp Zahn ist Berlusconis Ziel bei den nächsten Wahlen nicht unbedingt der Posten des Regierungschefs. Berlusconi gehe es vor allem darum, sich zu schützen. «Mit der Präsenz in der Politik kann sich Berlusconi die juristischen Unannehmlichkeiten vom Hals halten», ist Zahn überzeugt.

Mit der rechtspopulistischen Lega Nord zusammen könnte es Berlusconi schaffen, allenfalls im Senat eine Sperrminorität zu erreichen. Auf diese Weise kann er mitentscheiden, wer die nächste Regierung bildet.

Alle sind auf Allianzen angewiesen

Die Regierungsbildung dürfte ohnehin ein zentrales Problem werden, denn die italienische Wählerschaft ist stark segmentiert. Fast 40 Prozent wollen nicht oder keine der arrivierten Parteien wählen. Führend in der Wählergunst steht zurzeit Pier Luigi Bersani von der linksgerichteten Demokratischen Partei. Um Chancen auf den Posten als Ministerpräsident zu haben, müsste auch Bersani mit 38 Prozent noch vor den Wahlen eine Koalition schmieden.

Hinter Bersani rangiert Peppo Grillo. Der Komiker und seine Protestbewegung Movimento 5 Stelle («Fünf Sterne») überraschten bereits bei den kommunalen Wahlen in diesem Jahr. Bei den Regionalwahlen Ende Oktober in Sizilien wurde die 5-Sterne-Bewegung sogar stärkste politische Kraft.

Monti hatte am Wochenende nach dem Verlust der Unterstützung durch die Partei seines Vorgängers Berlusconi überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Monti selber hat noch nicht entschieden, ob er wieder antreten will.

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