- Beim Absturz eines A320 der Germanwings starben am Dienstag alle 150 Insassen
- Der erste Flugschreiber ist sichtlich beschädigt
- Einige Besatzungen von Germanwings wollen nicht fliegen
- Germanwings bestätigt 72 deutsche Opfer
Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen haben die Rettungskräfte ihre Arbeit fortgesetzt. Ohne Schnee, Regen oder stärkeren Wind waren die Witterungsbedingungen nach Berichten französischer Medien für die Rettungskräfte und Hubschrauber besser als zunächst befürchtet.
Zentraler Ausgangspunkt in die schwer zugängliche Absturzregion ist Seyne-les-Alpes. Von dem Ort mit rund 1200 Einwohnern operieren mehr als Einsatzkräfte. Gerichtsmediziner sollen ebenfalls zum Unfallort gebracht werden, um dort dort DNA-Proben zu entnehmen, die bei der Identifizierung der Opfer helfen sollen. Vor Ort bietet sich den Bergungskräften ein schreckliches Bild. «Alles ist pulverisiert», sagte ein Feuerwehrmann vor Ort.
Die Staatschefs von Deutschland, Frankreich und Spanien haben den Ort Seyne-les-Alpes nahe des Absturzortes besucht . Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident François Hollande und der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy dankten vor allem den anwesenden Einsatzkräften.
Erste Angehörige am Unglücksort
Die ersten Angehörigen von Opfern des Germanwings-Unglücks sind der französischen Zeitung «Le Figaro» zufolge am Absturzort angekommen. Der Ort liegt etwa 30 Kilometer Luftlinie von der Absturzstelle entfernt. In Digne und in Seyne-les-Alpes wurden Betreuungszentren für Angehörige und Trauerkapellen eingerichtet.
Germanwings-Geschäftsführer Thomas Winkelmann hat auf einer Pressekonferenz in Köln erklärt, dass mit 123 Familien bisher Kontakt aufgenommen werden konnte. Der Schock unter den Germanwings-Mitarbeitern sei gross, denn «jeder kennt jeden», erklärt Winkelmann. Morgen sollen zwei Sonderflüge Angehörige nach Südfrankreich bringen. Bei der Absturzstelle sei das «technisch beste Know-how» im Einsatz, «das weltweit zusammengestellt werden kann.»
Crews verweigern Start
Derweil muss die Lufthansa-Tochter Germanwings einige Flüge streichen. «Es wird Unregelmässigkeiten geben», sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft. «Es gibt Crewkollegen, die in der momentanen Situation nicht fliegen wollen, dafür haben wir auch Verständnis.»
Nach eigenen Angaben hat Germanwings am heutigen Mittwoch nur einen einzigen Flug gestrichen. Dies sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft. Ihren Flugbetrieb stemme Germanwings mit Hilfe der Konkurrenz. Neben der Germanwings-Mutter Lufthansa würden auch Air Berlin, Tuifly und andere Fluglinien ihre Maschinen zur Verfügung stellen.
Trauerarbeit am Flughafen
Unterdessen kommen am Flughafen in Düsseldorf erneut Angehörige der Passagiere des verunglückten Airbus zusammen. Der Flughafen stellt sich dabei auf mehr Menschen ein als am Tag des Unglücks. «Die Menschen suchen einen Ort, an dem sie trauern können», sagte ein Sprecher. Am Dienstag seien es etwa 50 Angehörige und Freunde gewesen. «Heute dürften es noch mehr werden.» Abgeschirmt von der Öffentlichkeit würden sie von Seelsorgern und geschulten Spezialkräften des Airports, der Airline und der Stadt betreut.
Flugschreiber wird ausgewertet
Gerätselt wird weiterhin über die Ursache des Absturzes. Die Flugüberwachung konnte kurz vor dem Absturz keinen Funkkontakt mehr mit der Besatzung herstellen, wie der Staatsanwalt von Marseille mitteilte. Aufschluss geben könnte der erste geborgene Flugschreiber .
Dieser ist zur Analyse der Daten in Paris eingetroffen. Die Auswertung werde noch am Vormittag beginnen, sagte der für Transport zuständige französische Staatssekretär Alain Vidalies dem Radiosender «Europe 1».
Laut dem französischen Innenminister Bernard Cazeneuve ist der Schreiber beschädigt, sollte aber verwertbar sein. Bei dem gefundenen Gerät handelt es sich um den Stimmenaufzeichner, der Gespräche und andere Geräusche in der Pilotenkabine registriert. Daneben gibt es auch noch einen Flugdatenschreiber. Dieser wurde noch nicht gefunden.
Verdacht auf fahrlässige Tötung
Die Staatsanwaltschaft hat offiziell Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung aufgenommen. Die Ermittler wollen acht Zeugen vernehmen.
Laut Innenminister Cazeneuve ist es eher unwahrscheinlich, dass Terroristen für den Absturz verantwortlich sind. Darauf deuteten die Trümmerteile hin, die sich auf der Fläche von rund eineinhalb Hektaren befänden; bei einer Explosion wären die Teile weiter verstreut.
Detaillierte Auswertung dürfte dauern
Der Lufthansa-Chef Carsten Spohr äusserte sich am Dienstagabend nach seiner Rückkehr vom Absturzort in Frankfurt zur Katastrophe. Die Reparatur des abgestürzten Flugzeuges am Tag zuvor hat nach seiner Ansicht nichts mit dem Absturz zu tun. Bei der Reparatur sei es um die Geräuschbelastung gegangen, nicht um etwas sicherheitsrelevantes.
Spohr rechnet damit, dass rasch erste Erkenntnisse über die Ursache des Absturzes vorliegen werden – dank der Blackbox. Die detaillierte Auswertung werde aber länger dauern. Er sprach vom «schwärzesten Tag in der 60-jährigen Geschichte unseres Unternehmens». Lufthansa habe erstmals ein Flugzeug im Reiseflug verloren.
Vor allem Opfer aus Deutschland
Beim Absturz des A320 sind vermutlich alle 150 Insassen ums Leben gekommen. An Bord waren mindestens 72 Deutsche und 35 Spanier. Einzelne Opfer stammen nach Angaben aus weiteren 13 Ländern (siehe Box).
Am Unglücksort werden am Mittwoch hohe Vertreter der betroffenen Staaten erwartet. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef François Hollande und der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy wollen zusammen die Absturzstelle am Nachmittag besuchen.