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Internationale Geldwäscherei Fincen-Files: Was wir wissen – und was nicht

Was sind die Fincen-Files? Banken aus aller Welt haben über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt – dies zeigen Recherchen von Journalisten aus knapp 90 Ländern, die unter dem Namen Fincen-Files veröffentlicht wurden. Fincen ist die US-Meldestelle für Geldwäscherei. Von dort geleakte Dokumente zeigen demnach, dass Banken trotz strenger Regularien mutmassliche Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt hätten. Bei den Dokumenten handelt es sich um rund 2100 Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen, hauptsächlich aus den Jahren 2008 bis 2017. Die Gesamtsumme der Transaktionen liegt demnach bei etwa zwei Billionen US-Dollar.

Welche Banken sind besonders ins Visier der Enthüllungen geraten? Die Deutsche Bank ist die Bank, mit den mit Abstand meisten verdächtigen Überweisungen. Die an der Recherche beteiligte Süddeutsche Zeitung schreibt jedoch, dies müsse nicht bedeuten, dass die Deutsche Bank am meisten Meldungen abgibt, sondern könne auch an der Zusammensetzung der geleakten Daten liegen. In den Fincen-Files werden weitere global tätige Grossbanken oft genannt, neben der Deutschen Bank sind das auch unter anderen JPMorgan, HSBC, Standard Chartered Bank, oder die Bank of New York Mellon.

Welche Rollen spielen Schweizer Banken? 2051 verdächtige Transaktionen sollen die Schweiz betreffen. Es seien im Zusammenhang mit Schweizer Banken rund 3.7 Milliarden Dollar erhalten und rund 4.2 Milliarden als Geldabgänge verbucht worden, heisst es in den Fincen-Files. Betroffen seien Banken wie die Credit Suisse, die UBS, Bank Vontobel, Raiffeisen, Pictet, Julius Bär, Bank Sarasin und die Zürcher Kantonalbank. Zudem finden zahlreiche in der Schweiz ansässige Auslandsbanken Erwähnung.

Gibt es strafrechtliche Konsequenzen? Vorerst nicht – zumal unklar ist, ob es sich bei den Transaktionen immer um kriminelle Gelder handelt. US-Banken würden pro Jahr weit über zwei Millionen solcher Fälle melden, schreibt der «Tages-Anzeiger», der ebenfalls an der Recherche beteiligt war. Oft würden sie verdächtige Fälle melden, bei denen sie wegen des Bankgeheimnisses aus einem Drittstaat keine Informationen erhalten. Die Verdachtsmeldungen widerspiegelten demnach Bedenken von Aufpassern innerhalb der Banken, heisst es im Bericht des Journalisten-Konsortiums. Sie seien aber kein Beweis für kriminelles Verhalten.

Wie reagieren die Schweiz Banken auf die Enthüllungen? Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP, man kommentiere potenzielle Kundenbeziehungen nicht. Man halte aber sämtliche regulatorische Vorgaben und Compliance-Prozesse ein. Auch bei der Bank Vontobel heisst es, man halte sich ans Gesetz und verfüge «über professionelle interne Prozesse zur Vermeidung der Gefahr, für Geldwäsche genutzt zu werden.» Die anderen angefragten Banken wollten sich bisher nicht äussern.

Reagiert die Schweizer Politik? Eher im Gegenteil: In der Revision des Geldwäschereigesetzes vor zwei Wochen lobte eine Mehrheit im Ständerat das Schweizer System als vorbildlich. Verschärfungen, insbesondere die Unterstellung von Anwälten und Treuhändern, wurden als übertrieben abgelehnt. Dem widerspricht der Experte Daniel Thelesklaf, bis letzten Juni oberster Geldwäschereibekämpfer des Bundes. Im «Tages-Anzeiger» sagte er, das Schweizer System sei nicht effizient. Die grossen Geldwäscher würden häufig unangetastet bleiben.

SRF 4 News, 21.09.2020, 12:30 Uhr ; 

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