Wir sind bereit und bestens vorbereitet, behauptete US-Präsident Donald Trump in den letzten Tagen unablässig. Das Risiko sei sehr klein und einen allfälligen Ausbruch werde man rasch in den Griff bekommen – im April sei wohl alles bereits wieder vorbei, weil es dann ja wieder wärmer sei, so Trump. Deshalb sei es unverantwortlich, wie die Medien derzeit Panik schürten.
Trumps Absicht ist offenkundig. Die demonstrative Gelassenheit, mit der er auf die drohende Ausbreitung des Coronavirus reagiert, soll beruhigen – vor allem die Unternehmen, die Investoren und nicht zuletzt die Konsumentinnen. Der US-Präsident weiss: Ein wirtschaftlicher Einbruch im Wahljahr könnte ihm schaden, denn die tiefe Arbeitslosigkeit ist sein bestes Argument für eine Wiederwahl.
«Wir haben alles im Griff»
Dass er Vizepräsident Mike Pence zum Coronavirus-Zaren ernannt hat, entspringt der gleichen Logik. Pence, ein krisenerprobter ehemaliger Gouverneur, kümmert sich darum, ihr könnt beruhigt sein, wir haben alles im Griff.
Tatsächlich ist es wichtig, dass es im Weissen Haus eine zentrale Figur für die Koordination gibt. Denn in die Bekämpfung einer Pandemie sind viele unterschiedliche Amtsstellen, Behörden und Organisationen involviert. Zudem müssen die Arbeiten des Bundes mit den Städten und Bundesstaaten abgestimmt werden.
Systematisch Strukturen sabotiert
Ob die US-Regierung mit der Ernennung von Pence zum Chef-Koordinatoren aber ausreichend auf einen grossflächigen Ausbruch des Coronavirus vorbereitet ist, muss angezweifelt werden. Denn Trump hat während seiner Amtszeit systematisch die früher bestehenden Strukturen zur Bekämpfung einer Pandemie geschwächt. Budgetkürzungen und Entlassungen haben vor allem das zuständige Zentrum für Seuchenbekämpfung und -prävention hart getroffen.
2019 wurde ein Programm um 80 Prozent gekürzt, das in fast 50 Entwicklungsländern lokale Institutionen in der Früherkennung von Krankheitserregern geschult hat, die vom Tier auf den Menschen überspringen können. Die Idee dahinter: Ausbrüche von Infektionskrankheiten frühzeitig stoppen, bevor sie die USA überhaupt erreichen können.
Viel Fachwissen ist verloren gegangen
Weit gravierender ist jedoch, dass Trump vor einem Jahr das gesamte Führungsteam entlassen hat, das für die Pandemie-Bekämpfung zuständig war. Auf einen Schlag ist damit viel Fachwissen und Erfahrung verloren gegangen. Auch die entsprechenden Management-Strukturen im Weissen Haus wurden abgeschafft. Diese wurden von Barack Obama im Zuge des damals beunruhigenden Ausbruchs von Ebola geschaffen. Zu teuer, brauchen wir nicht, begründete das Weisse Haus die Entlassungen.
Es gibt unzählige weitere Fälle in anderen Ministerien, bei denen die Trump-Regierung aus kurzfristigem Denken und getrieben von einer Verachtung für Fachleute und Wissenschaftler Programme gestoppt und bestehende Strukturen sabotiert hat. Vor allem, wenn sie von seinem populären Vorgänger initiiert wurden. In vielen staatlichen Institutionen wurden international anerkannte Fachleute durch loyale Gefolgsleute ersetzt.
Das Vorgehen Trumps im Verwaltungsapparat hat jeweils kaum für Schlagzeilen gesorgt. Nun aber könnten sich die Auswirkungen im Falle einer Coronavirus-Pandemie in den kommenden Wochen schmerzlich offenbaren.
Echo der Zeit, 27.2.2020, 18:00 Uhr; gfem