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Jahrhundertflut in Südindien «Die Schäden sind riesig»

Die Lage im Bundesstaat Kerala bleibt angespannt. Die Hilfe laufe auf Hochtouren, sagt SRF-Mitarbeiterin Britta Petersen.

Beim verheerendsten Monsun seit 100 Jahren sind in Südindien bislang 380 Menschen umgekommen. Über 900'000 wurden evakuiert und in Notunterkünfte gebracht. Die Flut im bevölkerungsreichen Gebiet werfe auch ökologische Fragen auf, sagt die Journalistin Britta Petersen, die in Indien für die unabhängige Denkfabrik «Observer Research Foundation» tätig ist.

Britta Petersen

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Die politische Analystin und Journalistin Britta Petersen war bis Ende 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die unabhängige Denkfabrik «Observer Research Foundation» in Indien tätig. Sie berichtete regelmässig für SRF aus Indien. Heute ist Petersen Beraterin bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Bonn.

SRF News: Wie ist die Lage zurzeit in den Hochwassergebieten im südindischen Bundesstaat Kerala?

Britta Petersen: Nach zwei Wochen Dauerregen prognostiziert der Wetterdienst nun für diese Woche einen leichten Rückgang der Niederschläge. Dies dürfte die Rettungs- und Aufräumarbeiten begünstigen. Viele Menschen waren bisher von der Zivilisation abgeschnitten. Die Zerstörung ist riesig. Allein in den Auffanglagern warten 900'000 Menschen, die obdachlos geworden sind. Sie müssen auch medizinisch versorgt werden, damit sich keine Epidemien ausbreiten können.

Hatten Sie Kontakt mit Menschen in Kerala?

Nach mehreren Tagen Funkstille erhielt ich heute die Nachricht von einer Freundin, die mit ihren beiden Kindern in Kerala in den Ferien war. Sie ist mit dem Helikopter ausgeflogen worden. In den Überschwemmungsgebieten haben sich sehr viele Menschen auf die Dächer ihrer Häuser geflüchtet, wo sie sich wegen der Hitze auch oft zum Schlafen aufhalten. Sie wurden in den letzten Tagen und Wochen aus der Luft mit Hilfspaketen versorgt. So kann man wohl davon ausgehen, dass die Zahl der Opfer nicht weiter ansteigt, wenn es gelingt, in den vielen Auffanglagern die Krankheiten unter Kontrolle zu halten.

Monsun.
Legende: Die Armee wirft in der Region Chengannur Hilfspakete ab. Keystone

Regierungschef Narendra Modi hat Hilfe in Millionenhöhe versprochen. Kommt diese Hilfe bei den Menschen an?

Ich habe den Eindruck, dass die Hilfsmaschinerie unter Beizug der Armee ziemlich effektiv ist. Es gibt auch sehr viele private Hilfseinsätze von Freiwilligen und Spenden. Die Arbeiten sind schwierig nach diesen Überschwemmungen. Ein ähnliches Ausmass hatten sie letztmals 1924 und damit noch in der Kolonialzeit angenommen.

Wie viele Menschen sind noch von der Umwelt abgeschnitten?

Anscheinend nicht mehr so viele. Zurzeit liest man noch von 34 Vermissten. In den nächsten Tagen wird diese Zahl wohl noch korrigiert werden müssen. Bei derart massiven Fluten tauchen die grösseren Probleme erst hinterher auf. Viele Häuser und Felder sind zerstört. Die Hilfe, die jetzt unter anderem von den Vereinigten Arabischen Emiraten versprochen wurde, wird dringend gebraucht. Dort arbeiten viele Menschen aus dem dicht bevölkerten Staat Kerala. Er gehört zu den reichen Staaten, weil viele Menschen Geld heimschicken.

Monsun.
Legende: Viele Private und Freiwillige leisten einen wichtigen Beitrag zu den Hilfseinsätzen im Monsungebiet. Keystone

Heftige Regenfälle während der Monsunzeit sind sich die Menschen gewohnt. Nun ist es viel heftiger als sonst. Wie erklärt man sich das?

Unter den Klimaforschern gibt es die These, dass es durch den Klimawandel immer öfter solche Wetterextreme gibt. Durchaus möglich, dass das dazu beigetragen hat. Ein anderes Problem sehen Umweltexperten in den massiven Abholzungen in ökologisch sensiblen Gebieten und in der Siedlungsentwicklung zu nahe an den Flüssen. Bereits vor einigen Jahren gab es eine Studie von Umweltexperten. Sie rieten dazu, in bestimmten Gebieten die Abholzungen und Entwicklungsmassnahmen zu stoppen. Dies wurde offenbar ignoriert.

Werden die Missstände in der Politik angeprangert?

Bisher ist das ökologische Bewusstsein in Indien nicht so stark ausgeprägt. Aber es gibt immer wieder Umweltaktivisten und Wissenschaftler, die darauf hinweisen. Ich denke, das nimmt zu, und Katastrophen wie jene in Kerala werden sicherlich dazu beitragen, dass die Diskussion weitergeht.

Das Gespräch führte Andreas Lüthi.

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