In Polens Hauptstadt Warschau sind mehrere tausend Menschen aus Protest gegen die Justizreformen der Regierung auf die Strasse gegangen. Die Demonstranten warfen der Regierung vor, die Justiz unter Kontrolle bringen und die Gewaltenteilung abschaffen zu wollen.
Das Parlament hatte zuvor mehrere Vorlagen verabschiedet, welche den Einfluss der von der rechtsnationalistischen Partei PiS gestellten Regierung auf die Gerichte erheblich ausweitet. In Sprechchören vor dem Parlamentsgebäude bezeichneten die Kundgebungsteilnehmer PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski als «Diktator» und skandierten: «Wir beschützen die Demokratie!»
Kritik aus Brüssel
An dem Protestmarsch beteiligten sich laut Polizei rund 4500 Menschen. Auch die beiden wichtigsten Oppositionsführer – Grzegorz Schetyna von der moderaten Bürgerplattform und Ryszard Petru von der liberalen Partei Nowoczesna – nahmen teil. Sie kündigten eine Zusammenarbeit an, um die Justizreformen zu stoppen.
Die nationalkonservative Regierung hat seit ihrem Amtsantritt vor rund einem Jahr eine Reihe von Reformen umgesetzt, die nicht nur von der Opposition, sondern auch von der EU als Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit kritisiert werden. Erst am Samstag hatte der polnische Senat zwei umstrittene Vorlagen verabschiedet.
Unabhängigkeit der Justiz gefährdet
Eine der Vorlagen sieht vor, dass das Parlament künftig über die Besetzung des Landesrichterrats entscheiden soll. Dem bislang als unabhängig geltenden Gremium obliegt die Besetzung der Richterposten im Land. Die zweite Vorlage erlaubt es dem von der PiS gestellten Justizminister, die Posten der Präsidenten an den ordentlichen Gerichten des Landes direkt zu besetzen.
Kritiker werfen der polnischen Regierung Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz vor, wodurch die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung beschädigt würden. Trotz der Kritik treibt die Regierung ihre Bestrebungen zum Ausbau der Kontrolle über die Justiz voran.
Erst am Donnerstag brachte sie einen Gesetzentwurf ein, der Kritikern zufolge auf eine Entmachtung des Obersten Gerichtshofs hinausläuft. Der Entwurf sieht vor, dass dort tätige Richter, die vom Justizminister nicht gebilligt werden, in den Ruhestand gezwungen werden sollen. Für die Auswahl neuer Richter wäre ebenfalls der Justizminister zuständig.