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Kämpfe auf den Philippinen «Duterte hat die Etablierung des IS unterschätzt»

Im Süden der Phillipinen hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Stadt Marawi erobert. Nun will das Militär die Stadt zurückgewinnen. SRF-Korrespondentin Barbara Lüthi hat die Kriegsregion besucht. Sie erklärt, warum der IS überhaupt dort Fuss fassen konnte.

SRF News: Wie ernst ist die Lage in Marawi?

Barbara Lüthi: Die Lage ist ernst, aber Aufständische sind auf den Philippinen nichts Neues. Im Süden des Landes kämpfen Rebellen seit Jahrzehnten für einen unabhängigen muslimischen Staat. Die Gewalt flammte immer wieder auf. Trotzdem gab es auch immer wieder Waffenstillstands- und Friedensgespräche. Rebellen und Regierung haben kommuniziert. Jetzt hat dieser Konflikt aber mit dem Einfluss des IS eine ganz neue Dimension angenommen. Es gibt jetzt eine Gewaltbereitschaft mit einem Extremismus, den man vorher so nicht kannte.

Auf Seiten der Islamisten kämpfen verschiedene Gruppierungen. Wer hat da die Führung?

Die Besetzung von Marawi wird von den Maute-Brüdern angeführt. Die sind in der Nähe von Marawi geboren, wurden aber im Nahen Osten ausgebildet. Man nimmt an, dass sie dort radikalisiert wurden. Die Maute-Rebellen haben dem IS vor drei Jahren Treue geschworen und wollen jetzt in Südost-Asien ein IS-Kalifat errichten. Das heisst: Alle Kämpfer, die es nicht nach Syrien oder in den Irak schaffen, sollen sich in Marawi sammeln.

Wir haben vom Militär gehört, dass die meisten Kämpfer 13, 14 oder 15 Jahre alt sind.

Dazu kommt eber auch noch, dass der IS hier natürlich einen idealen Ort findet, um neue Kämpfer zu rekrutieren. Die muslimische Jugend fühlt sich häufig gegenüber der christlichen Mehrheit benachteiligt und diskriminiert. Und wenn die radikale IS-Ideologie auf diesen Nährboden fällt, kann das einen sehr starken Einfluss auf die Jugend nehmen. Wir haben vom Militär gehört, dass die meisten Kämpfer 13, 14 oder 15 Jahre alt sind.

Duterte schickt jetzt 20'000 Mann in die Krisenregion. Kann dieser Konflikt damit unter Kontrolle gebracht werden?

Duterte will diese Besetzung natürlich so schnell wie möglich beenden. Ironisch ist, dass er noch im Dezember das Angebot zu Friedensverhandlungen von den Maute-Rebellen abgelehnt hat. «Ihr sollt Marawi niederreissen, nur zu, brennt es nieder», hat er gehöhnt – und sicherlich Öl ins Feuer gegossen.

Duterte scheint mit seinem Ant-Drogen-Krieg so beschäftigt gewesen zu sein, dass er die Etablierung des IS in Mindanao schlichtwegs unterschätzte.

Duterte scheint mit seinem Anti-Drogen-Krieg so beschäftigt gewesen zu sein, dass er die Etablierung des IS in Mindanao (die Region, in der Marawi liegt, Anm. d. Red.) schlichtwegs unterschätzte. Auch das ist ironisch, denn Duterte ist der erste philippinische Präsident, der aus Mindanao kommt. Falls es gelingt, diesen Konflikt wirklich zu entschärfen, braucht es ganz viel diplomatische Arbeit von der Regierung. Es braucht Friedensverhandlungen, ein Waffenstillstandsabkommen und natürlich auch die Einbindung der muslimischen Minderheit.

Das Gespräch führte Andrea Vetsch.

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