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Kampf gegen syrische Kurden «Geblieben ist, wer es nicht geschafft hat, zu fliehen»

Die Lage in Afrin ist unübersichtlich, nachdem die Türkei, unterstützt von syrischen-islamistischen Rebellen, die Stadt eingenommen hat. Der Historiker und Dolmetscher Kamal Sido ist Kurde und in Afrin aufgewachsen. Ein Teil seiner Familie lebt noch dort. Sido erzählt von deren Erfahrungen.

Kamal Sido

Nahostexperte

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Kamal Sido ist Nahostreferent bei der Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Der syrisch-kurdische Historiker stammt aus Afrin in Syrien und lebt heute in Deutschland.

SRF News: Wie geht es Ihrer Familie, die in Afrin geblieben ist?

Kamal Sido: Meine Familienmitglieder haben Angst. Sie erzählen kaum etwas am Telefon.

Wenn die Häuser leer stehen, kann es sein, dass Erdogan dort andere Volksgruppen ansiedelt.

Alles wird geplündert und geraubt. Alles, was auf der Strasse ist, wird abtransportiert.

Unter den Söldnern sind Islamisten von verschiedenen Gruppierungen. Worauf haben die es in Afrin abgesehen?

Die türkische Armee will die kurdische Selbstverwaltung zerstören. Die Kurden haben dort eine gewisse Autonomie erlangt, es gibt beispielsweise kurdische Schulen. Sie haben auch Frauenrechte und die Rechte von Minderheiten eingeführt. Die Islamisten wollen das islamische Recht, die Scharia, einführen. Das ist das erklärte Ziel der syrischen Islamisten und der türkischen Regierung.

Wie äussert sich diese Strategie konkret?

Die Menschen werden versammelt. Ihnen wird beigebracht, wie man betet. Die PYG, die kurdische Miliz, seien Ungläubige, wird ihnen gelehrt. Alle seien Muslime, es gebe keine Kurden, keine Türken, und denen werde nun der gerechte Islam gebracht.

Wie sieht es mit der Versorgung der Menschen, die nun unter Besatzung stehen, aus?

Sie sind noch versorgt, aber es wird langsam knapp und Strom gibt es nicht. Zu einer weiteren Versorgung ist es noch nicht gekommen. Die türkische Regierung hat vor ein paar Tagen erklärt, dass sie eine Verwaltung aus Kollaborateuren aufbauen will. Danach beginnt die Versorgung. Wir hoffen, dass die türkische Regierung die Bevölkerung dann zumindest versorgt.

Wie können Sie den Kontakt zu Ihren Verwandten aufrechterhalten, wenn kein Strom da ist?

Die Kurden in Afrin haben in den letzten Jahren eine Strom-Infrastruktur mit privaten türkischen Netzen aufgebaut. Die türkische Regierung schaltet die Elektrizität ein und aus.

Im Süden der Region Afrin gibt es noch viele Dörfer, die von Kurden gehalten werden. Diese Gebiete darf Erdogan nicht angreifen.

Wenn sie Strom haben, schicken uns die Leute Bilder und Sprachnachrichten. Richtig miteinander sprechen können wir nicht mehr. Die syrischen Netze funktionieren schlechter und sie werden auch von der türkischen Armee zerstört.

250’000 Menschen sollen inzwischen auf der Flucht aus Afrin sein. Geben die Bewohner ihre Stadt auf?

Die Bewohner sehen, dass die Türkei vorhat, die Stadt von Kurden zu säubern. Viele sind der Meinung, dass man trotzdem zurückkehren und versuchen sollte, in den Häusern zu leben. Denn wenn die Häuser leerstehen, kann es sein, dass Erdogan andere Volksgruppen dort ansiedelt. Doch für die, die zurückkehren wollen, ist es nicht einfach.

Wohin sind viele geflohen?

Im Süden der Region Afrin gibt es noch viele Dörfer, die von Kurden gehalten werden. Diese Gebiete darf Erdogan nicht angreifen. Ich weiss nicht, was Putin, Erdogan und Rohani miteinander abgemacht haben, wahrscheinlich gibt es rote Linien. 200’000 bis 250’000 Menschen leben dort im Freien. Sie brauchen dringend Versorgung.

Wie viele Leute sind jetzt noch in Afrin?

Man spricht von max. 100'000 Personen. Geblieben sind alte Frauen, Verletzte und andere, die es nicht geschafft haben, zu fliehen. Meine Mutter ist auch noch dort.

Das Gespräch führte Hanna Jordi.

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