Im Iran wird das Wasser knapp. So knapp, dass der Energieminister vor wenigen Tagen von einer «alarmierenden» Lage bei den Staudämmen des Landes sprach. Er rief die Bevölkerung eindringlich dazu auf, Wasser zu sparen.
So schlimm wie dieses Jahr war es noch nie.
Die staatliche Nachrichtenagentur Irna ihrerseits meldete, dass einer der grössten Stauseen des Landes bereits innerhalb der nächsten vier Wochen austrocknen könnte. An sieben Staudämmen im ganzen Land ist der Füllstand bereits auf unter zehn Prozent gerutscht, zwei Seen bei Talsperren sind schon vollständig ausgetrocknet.
«So schlimm wie dieses Jahr war es noch nie», sagt Thomas Seibert. Der Journalist lebt in Istanbul, hat aber gute Kontakte in den Iran und reist auch immer wieder in das Land.
Die Leute horten Wasser in der Wohnung
Bereits gebe es in Teheran nicht mehr den ganzen Tag über und manchmal auch nicht jeden Tag Wasser. «Es gibt Sperrzeiten, in denen überhaupt kein Wasser verfügbar ist», sagt Seibert. Der Gedanke, dass Millionen Menschen auf dem Trockenen sitzen – bei zum Teil bis zu 45 oder 50 Grad Celsius – sei beängstigend.
Es gibt Tage, an denen weder Strom noch Wasser verfügbar sind.
Die Folge: Wenn das Wasser dann mal aus dem Hahn fliesst, füllen alle Leute ihre Badewannen, Kübel oder Flaschen so rasch wie möglich auf. Und das wiederum führt dazu, dass der Wasserdruck kaum mehr reicht, um die höheren Stockwerke zu versorgen. Ausserdem wird so am Schluss kaum weniger Wasser verbraucht, als wenn es immer verfügbar wäre, sagt Seibert.
Zum Trinken habe es zwar noch genügend Wasser. Problematisch sei es aber, die Waschmaschine laufen zu lassen oder zu duschen. Kommt hinzu: Auch die Stromversorgung ist wenig stabil. «Es gibt also Tage, an denen weder Strom noch Wasser verfügbar sind», sagt der Journalist.
Die meisten können sich eine Fahrt ans Kaspische Meer nicht leisten.
Inzwischen verlassen jene Leute, die es sich leisten können, Teheran – etwa in Richtung Norden, wo es tendenziell noch eher Wasser gibt. «Aber die grosse Masse kann sich eine Fahrt ans Kaspische Meer nicht leisten», sagt Seibert. Die ärmeren Leute würden am meisten unter der Wasserknappheit leiden, sie könnten sich oft keinen Wassertank leisten, um das Wasser zu sammeln, wenn es mal fliesst.
Der Staat ist mitverantwortlich
Für das knappe Wasser im Iran sei vor allem der Staat verantwortlich, sagt Seibert. «90 Prozent allen Süsswassers des Landes geht in die Bewässerung, in die Landwirtschaft.» Und das, obwohl die Landwirtschaft nur zehn Prozent zur Wirtschaftsleistung beitrage.
Sogar in Wüstengebieten werde der Anbau forciert, manchmal auch jener von Wassermelonen, was wenig Sinn mache und viel Wasser verbrauche. Seiberts Fazit: «Die Wasserprobleme des Irans liegen nicht darin, dass die Leute zu lange duschen – es sind strukturelle Probleme, die der Staat zu verantworten hat.»
Das sieht die iranische Regierung natürlich anders. Sie spricht von einer «Naturkatastrophe». Fakt ist: Der Iran leidet seit Jahrzehnten unter wiederkehrenden Dürreperioden und Hitzesommern mit bis zu 50 Grad im Schatten. Und die Dürren und hohen Temperaturen werden durch den Klimawandel noch verstärkt. So dauere die derzeitige Dürre inzwischen schon fünf Jahre, sagt Seibert.
Und was tut die iranische Regierung gegen die aktuelle Dürre? Neben Sparmassnahmen und Wiederaufbereitung setzt sie nun verstärkt auf Verhandlungen mit Nachbarländern. So berichtete der Energieminister, man führe Gespräche mit Turkmenistan, Afghanistan, Tadschikistan und Usbekistan über den Import von Wasser.