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Kein vollständiger Rückzug USA bombardieren iranische Ziele in Syrien

Die USA sind weiterhin präsent in der Region. Die Luftwaffe hat einen Stützpunkt iranischer Kämpfer attackiert.

Das ist passiert: Im Osten Syriens hat die US-Luftwaffe einen Stützpunkt iranischer Kämpfer angegriffen. Ziel waren Einrichtungen, die von iranischen Revolutionsgarden genutzt werden, wie das US-Militär in der Nacht mitgeteilt hat. Die USA kämpfen laut eigenen Angaben in Syrien gegen die Terrororganisation IS.

Die USA wissen sehr wohl, dass der IS weiter eine Gefahr darstellt für Syrien und die Region.
Autor: Susanne Brunner SRF-Nahost-Korrespondentin

Erst im Juli haben US-Streitkräfte einen hochrangigen IS-Führer mit einer Drohne getötet. Ein knappes halbes Jahr davor hatten US-Spezialtruppen in Syrien einen anderen IS-Führer aufgespürt. Als sie ihn schliesslich umzingelten, sprengte sich dieser selber in die Luft.

Das ist die Vorgeschichte: Die USA hatten 2019 ein Ende ihres Engagements in Syrien verkündet. «Das erregte damals Aufsehen, weil sie damit die mit ihnen verbündeten kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer im Stich liessen», erklärt Nahost-Korrespondentin Susanne Brunner. Diese standen damals unter dem Druck der Türkei und dem der Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Ein vollständiger Rückzug sei es aber nicht gewesen, sagt sie. Denn: «Die USA wissen sehr wohl, dass der IS weiter eine Gefahr darstellt für Syrien und die Region.»

Deshalb nun diese Angriffe: Der Truppenbestand der USA in Syrien beträgt noch etwa 900. Diese werden regelmässig von bewaffneten Gruppen angegriffen, die dem Iran nahestehen – also von Ablegern der iranischen Revolutionsgarden. «In den letzten Tagen haben sich deren Angriffe auf US-Stützpunkte in Syrien gehäuft», sagt die Korrespondentin. «Letzte Woche trafen Raketen einen US-Militärstützpunkt an der irakischen Grenze. Es gab auch verschiedene Drohnenattacken. Deshalb haben die USA nun mit der Bombardierung von Stützpunkten der iranischen Milizen in Syrien reagiert.»

So gefährlich sind die Milizen: Die USA stufen die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) als terroristische Organisation ein. «Sie ist eine paramilitärische Gruppe, ein Heer neben der regulären iranischen Armee», erklärt Brunner. «Und sie spielte eine wichtige Rolle im Iran-Irak-Krieg der 1980er Jahre.» Heute agiert sie als bewaffneter Arm der iranischen Regierung im Ausland, um die machtpolitischen Interessen Teherans durchzusetzen. «Im Irak beispielsweise werden die iranischen Revolutionsgarden und ihre Verbündeten für die Ermordung von Hunderten von Regierungskritikern verantwortlich gemacht.»

Brennende Karikatur von Trump, Bild von Soleimani
Legende: 2019 klassifizierte US-Präsident Donald Trump die IRGC als Terrororganisation. Anfang 2020 liess er Qassem Soleimani gezielt töten, als dieser im Irak war. Er war eine wichtige Figur der Revolutionsgarden. (Bild von einer Kundgebung in Teheran im April 2022.) Reuters/Majid Asgaripour/WANA

Rolle des Atomabkommens: Derzeit laufen Verhandlungen mit dem Iran über eine Wiederaufnahme des Atomabkommens. Ob zwischen dem Abkommen und dem jüngsten Angriff in Syrien ein Zusammenhang besteht, ist laut Brunner unklar. Tatsache sei: «Das Abkommen scheint voranzukommen, und das findet Israel erschreckend. Denn es sieht Iran als seine grösste Bedrohung und will unter allen Umständen verhindern, dass Iran zur Atommacht wird.» Bisher gilt Israel als einzige Atommacht im Nahen Osten, auch wenn Israel dies weder bestätigt noch verneint.

«Israel ist komplett gegen eine Neuauflage des Abkommens mit Iran und war schockiert, als Iran von den USA verlangte, die Revolutionsgarden von der Terrorliste zu streichen», erklärt Brunner. Die USA seien bisher nicht darauf eingegangen. «Aber möglicherweise war die Bombardierung von Zielen der iranischen Revolutionsgarden in Syrien auch ein Zeichen an Israel, dass die USA weiterhin eine harte Linie vertreten gegenüber Iran.» Normalerweise ist es Israel, das iranische Ziele in Syrien angreift.

Die aktuellen Machtverhältnisse in Syrien

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In Syrien tobt seit elf Jahren ein Krieg. Verschiedene Länder sind im Land präsent – wie eben die USA oder Iran. Präsident Baschar al-Assad wird gestützt von Iran und Russland. Teile des Landes sind jedoch auch nach elf Jahren Krieg nicht unter seiner Kontrolle, vor allem im Norden. Dort befindet sich ein Teil unter der Kontrolle einer militanten sunnitischen Gruppierung, ein anderer unter kurdischer Kontrolle. Doch diese stehen von der Türkei unter Druck, die immer heftiger kurdische Ziele in Syrien angreift. Die USA spielen in Syrien eher eine marginale Rolle, sind aber trotzdem noch militärisch präsent.

SRF 4 News, 24.08.2022, 07:55 Uhr ; 

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