Donald Trump verklagt die BBC auf mehrere Milliarden Schadenersatz. Der US-Präsident wirft dem britischen Medienhaus vor, dass es Teile seiner Rede vor Anhängern vom 6. Januar 2021 aus dem Kontext gerissen und neu zusammengeschnitten hat. Kurz nach dieser Rede ist ein Teil seiner Anhänger und Anhängerinnen zum US-Kapitol marschiert und hat das Gebäude schliesslich gestürmt.
Klagen gegen Medienhäuser sind für Trump nichts Neues, er hat in den vergangenen Monaten bereits mehrere US-Medien verklagt. Das Erstaunliche in diesem Fall sei, dass er nun ein Medienunternehmen in einem anderen Land verklagt, sagt Thomas Jäger, USA-Experte von der Universität Köln.
Abschreckende Wirkung auch ohne erfolgreiche Klage
Die Chance, dass ein US-Gericht Trump recht gibt, schätzt Jäger als klein ein. Denn die Meinungsfreiheit sei in den USA ein sehr hohes Gut. Und für eine Verurteilung müssten Trumps Anwälte der BBC nachweisen können, dass sie in negativer Absicht gehandelt hat.
Eine Wirkung könnte die Klage aber trotzdem entfalten. Einerseits weil sie trotzdem Geld kostet, so Jäger: «Man kann sich ja vorstellen, was Rechtsanwälte bei solchen Klagen dann für Rechnungen schreiben.» Da sei es gut vorstellbar, dass Medienhäuser, gegen die Trump klagt, die Sache mit einem Vergleich samt Millionenzahlung beilegen – so wie das beispielsweise ABC und CBS bereits gemacht haben.
Anderseits aktiviere Trump so die Schere im Kopf der Besitzer der Medienhäuser, «so dass man überhaupt nicht auf die Idee kommt, irgendwas Negatives über diesen Präsidenten zu berichten», deutet Jäger die Strategie des US-Präsidenten. Diese Wirkung könne sogar noch über die beklagten Medien hinausgehen. Denn wenn es ihm gelänge, die BBC einzuschüchtern, würden allenfalls auch andere Medienhäuser in Europa oder Asien sich nicht mehr gleich trauen, negativ über Trump zu berichten.
Doppelt peinlich für die BBC
Im Falle dieser Klage habe sich die BBC allerdings durchaus einen Fehler geleistet, sagt SRF-Grossbritannien-Korrespondent Patrik Wülser. Zunächst habe der britische öffentlichrechtliche Sender geschwiegen zu den Vorwürfen Trumps und versucht, die Sache auszusitzen. «Die BBC schweigt häufig bei Skandalen und hofft, dass sich die Vorwürfe dann wie von selbst erledigen. Und das tun sie selbstverständlich nicht», so Wülser.
Was sich die BBC in dieser Dokumentation geleistet hat, war eben nachweislich nicht einfach ein handwerklicher Fehler.
Erst nach langem Warten haben der BBC-Direktor Tim Davie und BBC-Nachrichtenchefin Deborah Turness ihren Hut genommen. Und danach dauerte es nochmals mehrere Tage, bis sich der Verwaltungsratspräsident der BBC entschuldigt hat – und zwar für einen handwerklichen Fehler. «Der Vorwurf einer bewussten, absichtlichen Manipulation hat der Vorsitzende der BBC damals während der Befragung klar verneint», sagt Wülser.
In den Augen des Grossbritannien-Korrespondenten sei der von Trump beklagte Schnitt durchaus problematisch: «Was sich die BBC in dieser Dokumentation geleistet hat, war eben nachweislich nicht einfach ein handwerklicher Fehler.» Die Machenden hätten einen Ausschnitt vom Anfang der Rede genommen und mit einer Passage zusammengefügt, die viel später gekommen ist.
Den Vorwurf der Manipulation sieht Wülser deshalb als durchaus berechtigt an. «Und dass man sich Manipulation nun von jemandem vorwerfen lassen muss, der es mit der Wahrheit selbst nicht immer sehr genau nimmt, ist für die BBC natürlich doppelt peinlich.»