Welches Ziel hat sich Gastgeber Brasilien für die Klimakonferenz gesetzt? Es soll die Klimakonferenz der Wahrheit werden – so Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Schliesslich finde sie im Amazonasgebiet statt, dem grössten «Symbol für die Umwelt». UNO-Generalsekretär Antonio Guterres stellte gleich zum Auftakt klar, dass diese Wahrheit düster ist. «Die bittere Wahrheit ist, dass wir es versäumt haben, die Erderwärmung unter 1.5 Grad zu halten.» Das Zeitfenster zum Handeln schliesse sich rapide. Jedes Zehntelgrad bedeute mehr Hunger, mehr Vertreibung und mehr Leid, insbesondere für diejenigen, die am wenigsten dazu beigetragen hätten, so Guterres.
Die Welt steuere auf eine Erwärmung von weit über zwei Grad zu und der Ausstoss klimaschädlicher Treibhausgase steige weiter. «Das ist moralisches Versagen – und tödliche Fahrlässigkeit.» Es brauche einen klaren Kurswechsel, forderte auch Gastgeber Präsident Luiz Inácio Lula da Silva.
Brasiliens Vorschlag – ein neuer Tropenwaldfonds: Brasilien möchte mit einem Tropenwaldfonds gegen die Erwärmung vorgehen. Der Fonds nennt sich Tropical Forest Forever Facility (TFFF). Stehende Wälder sind wertvoller als abgeholzte Wälder. Für den Schutz seiner Wälder und auch anderer Tropenwälder in mehr als 70 Staaten will Brasilien viel Geld sammeln: Jährlich könnte der Fonds nach einiger Anlaufzeit rund vier Milliarden US-Dollar ausschütten. Die Ökosystemleistungen, die die Länder durch die Wälder der Menschheit erbringen, sollen entsprechend vergütet werden. Konkret heisst das: Staaten, die wertvollen Tropenwald erhalten, bekommen dem Konzept zufolge aus dem Fonds pro Jahr und Hektar eine Prämie von 4 US-Dollar. Für jeden zerstörten Hektar sollen sie aber umgekehrt 140 US-Dollar Strafe zahlen.
Auf der Suche nach Startkapital: 125 Milliarden US-Dollar Gesamtkapital sollen von Geberstaaten und Privatinvestoren zusammenkommen. Diese werden am Finanzmarkt angelegt. Mit den Gewinnen werden jene Länder belohnt, die ihre Wälder erhalten.
Wie kann man überprüfen, ob die Wälder erhalten werden? Ob sie dies tun, dafür werden Satellitendaten eingesetzt, erklärt Klimaexperte Carlos Rittl von der World Conservation Society. «Die grösste Herausforderung ist, wie man das vom Papier in die Praxis bringt. Die Verteilung der Gelder muss transparent sein», sagt er. Es müsse garantiert werden, dass 20 Prozent der Gelder wie vorgesehen wirklich an indigene Gemeinden gehen. Es müsse auch gesichert werden, dass keine Gelder des Fonds in irgendetwas fliessen, was mit fossilen Brennstoffen oder Aktivitäten zu tun hat, die zur Entwaldung führten.
Die Reaktion anderer Staaten an der Klimakonferenz: In Belgien herrschte Optimismus, direkt am ersten Tag gab es überraschend hohe Zusagen. Die Hälfte der für die Anfangsphase geforderten 10 Milliarden US Dollar sind bereits gesichert. Norwegen ist mit 3 Milliarden Dollar der bisher grösste Geber. Danach kommen Brasilien und Indonesien mit jeweils einer Milliarde. Auch von Frankreich gab es eine Zusage. Als potenzieller Geber wird in dem Konzept auch Deutschland genannt. Wie viel Geld am Ende tatsächlich fliesst, wird sich im Verlauf der Konferenz zeigen.