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Klimaschutz in Grossbritannien London weicht vorbildliche Klimaschutzziele auf – die Reaktionen

Premier Sunak krebst bei der Abkehr von Verbrennerfahrzeugen, Öl- und Gasheizungen zurück. Alles nur für den Wahlkampf?

Grossbritannien schraubt seine Klimaschutzziele zurück, die bis Mitte Jahrhundert die Klimaneutralität bringen sollen. Das Verbot neuer Benzin- und Dieselfahrzeuge werde von 2030 auf 2035 verschoben, kündigte Premierminister Rishi Sunak am Mittwoch an.

Auch bei der Umstellung von Gas- und Ölheizungen auf Wärmepumpen tritt er auf die Bremse. Seine Begründung: Das Land muss den Klimawandel bekämpfen, ohne Werktätige und Konsumentenschaft zu bestrafen. Der bisher eingeschlagene Weg koste zu viel.

Kritik aus der Opposition – Tories gespalten

In der Politik und der Bevölkerung kommt die Kehrtwende unterschiedlich an. Die Opposition mit Labour, Grünen und Liberaldemokraten sieht darin ein weiteres Indiz, wie wankelmütig und opportunistisch die konservativen Tories regieren. Ein Teil der Tory-Wählerschaft spricht dagegen von einem «Befreiungsschlag gegen die Öko-Diktatur der Grünen und Linken».

Doch es gibt auch Kritik aus konservativen Kreisen. Sie bewerten die Verwässerung der Klimapolitik ein Jahr vor den Wahlen als Zeichen der Schwäche und befürchten einen Reputationsschaden.

Richi Sunak.
Legende: Premierminister Rishi Sunak verwässert zentrale britische Klimavorhaben. Es gehe ihm nicht um kurzfristige Politik, entgegnet er Kritikern. Sie werfen ihm Wahlkampf auf Kosten des Klimas vor. Keystone/AP/Justin Tallis

Autoindustrie «not amused»

Kritik kommt auch aus der Wirtschaft. Vor allem die Autohersteller werfen Sunak vor, er missachte die Interessen der Industrie. Dies hängt wohl in erster Linie damit zusammen, dass sie ihre Prozesse und Strategien den Klimazielen der Regierung angepasst hat. Mit Blick auf das neue Zeitalter wird die Produktpalette umgestellt, das Angebot von Elektrofahrzeugen steigt. In London verkehren fast nur noch E-Taxis.

Doch der jetzige U-Turn von Sunak verunsichert Konsumentinnen und Konsumenten. Denn es gibt plötzlich keinen zwingenden Grund mehr, gleich in den kommenden Jahren ein E-Fahrzeug zu kaufen. Das schadet der Automobilindustrie, die sich auf dem Weg ins neue Zeitalter die nötige politische und gesetzlicher Stabilität wünscht.

Alles nur ein politisches Manöver?

Fairerweise ist zu erwähnen, dass Sunak bei seiner Kehrtwende die Klimaziele in vielen Punkten einfach den Zielen anderer europäischer Länder angepasst hat. Damit verliert Grossbritannien jedoch seine ambitionierte Vorbildfunktion, die beispielsweise unter Boris Johnson noch zelebriert wurde.

Wohlwollend könnte man sagen, dass der Premier mit der Anpassung unnötige Bürokratie, Vorschriften und Unterschiede verhindern will. Doch Kritiker sehen darin nicht ganz unbegründet ein politisches Manöver ein Jahr vor den Wahlen. Einen Kniefall angesichts der schlechten Umfragewerte, um bei der Wählerschaft billig zu punkten. Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich noch zeigen müssen.

SRF 4 News, 21.09.2023, 08:20 Uhr

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