Ein Drittel aller Menschen könnte Ende des Jahrhunderts in Regionen mit unmenschlichen Temperaturen leben. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forschungsteam in einer Studie im renommierten Fachblatt «Nature Sustainability» .
Die Forschenden untersuchten dabei die Auswirkungen eines Anstiegs der global durchschnittlichen Temperatur um 2.7 Grad – so wie es bei der aktuellen Klimapolitik erwartbar ist.
Leben ausserhalb der Klimanische
Das Forschungsteam um Timothy Lenton von der University of Exeter (Grossbritannien) hat als «menschliche Klimanische» jenen Temperaturbereich definiert, in dem Menschen in der Vergangenheit mehrheitlich lebten. Dort können zum Beispiel Nutztiere gehalten werden und Nutzpflanzen spriessen.
Die optimale Jahresmitteltemperatur dieser Nische liegt bei etwa 11 bis 15 Grad Celsius. Aktuell leben bereits über 600 Millionen Menschen und damit über neun Prozent der Weltbevölkerung ausserhalb derartiger Gebiete.
Caroline Zimm forscht am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse bei Wien und hat an der Studie mitgearbeitet. Gegenüber SRF News erklärt sie, was es heisst, ausserhalb der «Klimanische» zu leben. «Es hat zum einen negative Auswirkungen auf die Gesundheit: Die Sterblichkeit ist höher, unsere Arbeitsproduktivität ist niedriger und wir können uns schlechter konzentrieren.»
Dazu kommen indirekte Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen, die dem Menschen die Lebensgrundlage rauben. So sind ausserhalb der Klimanische die Erträge in der Landwirtschaft deutlich reduziert und Krankheiten in der Flora und Fauna können leichter auftreten.
Indien besonders betroffen
Besonders viele Menschen wären laut der Studie in Indien, Nigeria und Indonesien von unmenschlichen Temperaturen betroffen. Die Länder Burkina Faso, Mali und Katar würden nahezu komplett ausserhalb der Klimanische liegen.
Wird zusätzlich noch die demografische Entwicklung einbezogen, steigt der globale Anteil an Menschen, die ausserhalb der menschlichen Klimanische wohnen, auf 40 Prozent – da das stärkste Bevölkerungswachstum vor allem in Regionen stattfinden wird, die höhere Temperaturen aufweisen.
Die Forschenden weisen zudem darauf hin, dass je 0.3 Grad vermiedenem Temperaturanstieg 350 Millionen Menschen weniger betroffen sein würden. Würde die Erwärmung auf 1.5 Grad beschränkt, würden 14 Prozent aller Menschen aus der menschlichen Klimanische gestossen.
Grundsätzlich sei der Mensch zwar anpassungsfähig, schliesst Forscherin Zimm. Und auch der technologische Fortschritt erlaube es, das Leben ausserhalb der Klimanische erträglicher und auch ertragreicher zu machen. «Hier kommt aber der Aspekt der Ungleichheit hinein: Denn diese technischen Anpassungsmöglichkeiten sind sehr teuer und hoch technologisierten Ländern vorbehalten.»