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Kenia: Wo der Klimawandel Hirten zu Fischern macht
Aus Echo der Zeit vom 26.02.2024. Bild: SRF/Anna Lemmenmeier
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Klimawandel in Afrika Tote Tiere und stinkiger Fisch in Kenia

Die Region Turkana im Norden von Kenia wird von einer historischen Dürre geplagt. Seit sechs Jahren hat es nicht mehr richtig geregnet. Die meisten Turkana, die traditionellerweise Hirten sind, haben den Grossteil ihrer Tiere verloren. Das zwingt sie nun, zu Fischern zu werden am Turkanasee.

Der Wind pfeift stets an den Ufern des grössten Wüstensees der Welt. Der Turkanasee ist fast ein Sechstel so gross wie die Schweiz. Und hier in Amoru, ganz im Norden an der Grenze zu Äthiopien, ist der See nicht smaragdgrün, wie oft abgebildet in Tourismusbroschüren. Hier ist das Wasser braun.

An diesem braunen Gewässer wartet Ekitela Atorogita auf Arbeit: «Ich habe durch die Dürre alle meine Tiere verloren. Hundert Ziegen, zwanzig Kühe und vier Esel.» Nun wartet die 45-jährige jeden Tag auf die Fischer. Wenn sie ankommen, trägt sie deren Fang zu ihnen nach Hause. Dafür wird sie bezahlt. Davon lebt sie heute. Obwohl die Arbeit mit dem Fisch ihr sehr fremd sei.

Menschen an Fluss.
Legende: Ekitela Atorogita wartet auf Arbeit am Turkanasee. SRF/Ana Lemmenmeier

«Als Kind haben wir auf die Fischer herabgeschaut. Wir sahen sie als Nichtsnutze, die nichts besassen und so stinkiges Essen wie Fisch aus dem See assen.» Doch heute habe sie keine Wahl mehr. Ihr Mann wurde in einer Auseinandersetzung mit der Volksgruppe der Merille getötet, ein ethnischer Konflikt, der seit Jahrzehnten dauert. Mit dem Gestank der Fische könne sie mittlerweile umgehen, so Ekitela Atorogita. Das Einkommen bringe schliesslich ihre sechs Kinder durch.

Bis zu acht Stunden Fussmarsch für Wasser

An einem Wasserloch rund zwanzig Fahrtminuten entfernt herrscht Hochbetrieb. Kinder baden, Frauen waschen, Ziegen trinken. Die 28-jährige Esther Arus kommt jeden Tag hierher, um Wasser zu holen. Jeden Tag drei- oder viermal. Ein Weg dauert je eine Stunde Fussmarsch.

Menschen.
Legende: Nomadin Esther Arus (rechts) muss jeden Tag bis zu acht Stunden Wasser transportieren. SRF/Anna Lemmenmeier

Die junge Frau ist somit bis zu acht Stunden am Tag damit beschäftigt, Wasser zu ihrem Zuhause in den Bergen zu schaffen. Sie kennt die fetten Jahre der Nomaden nur aus Erzählungen ihrer Eltern. «Meine Eltern erzählten von Überfluss. Dass es ihnen nie an Milch und Fleisch mangelte.»

Zeitrechnung nach Dürren

An diese fetten Jahre kann sich auch Emeri Lobeka gut erinnern. Doch auch an die Dürren, die es immer wieder gab. Der 67-Jährige sitzt unter einem Strauch im Ort Kokuro und erzählt. Er habe fünf Dürren erlebt. Die Zeitrechnung der Turkana wurde stets nach Dürren gemacht, denen Namen gegeben wurden.

Die aktuelle Dürre werde Lotii genannt – was so viel heisst wie «die Dürre ist bei uns steckengeblieben», so der alte Mann. Es sei schliesslich gar nichts übrig geblieben vom Reichtum der Turkana.

Mann.
Legende: Der Dorfälteste Emeri Lobeka erinnert sich an viele Dürren. SRF/Anna Lemmenmeier

Die Trockenheit und die unfruchtbaren Böden habe viele Turkana an den See getrieben, wo sie sich als Fischer versuchten. «Ich habe es auch ausprobiert. Doch die Merille haben mir das Netz gestohlen.» Die Ressourcen in Turkana werden knapp. Die Weideflächen schrumpfen. Die Nutztiere sind verendet. Der See scheint die einzige Rettung.

Doch auch der Fisch wird nun umkämpft. Das schürt auch den jahrzehntealten ethnischen Konflikt zwischen den Merille und den Turkana. Der Klimawandel schürt in Turkana den Kampf um die Ressourcen.

Echo der Zeit, 26.2.2024, 18:00 Uhr

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