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Klimawandel in Pakistan Fluten ohne Ende – doch die Regierung baut weiter

In Pakistan wurden Ende August grosse Teile des Landes überflutet – zum zweiten Mal in drei Jahren. Fast 1000 Menschen starben, mehr als zwei Millionen mussten allein in der Provinz Punjab evakuiert werden. Pakistans Regierung gibt Indien die Schuld. Ein Ablenkungsmanöver, sagen Umweltexperten.

Wenn Bauer Mohammad Sajjad zu seinem Hof will, muss er knietief durchs Wasser waten. Die Flut sei kurz vor der Ernte gekommen, mitten in der Nacht. Sie habe alles zerstört: zehn Hektare Baumwolle, knapp vier Hektare Reis, das Haus.

Bauer Sajjad hat in einer einzigen Nacht alles verloren

Für den Süden Punjabs war es die schlimmste Überschwemmung in drei Jahrzehnten. Hunderttausende Hektar Land wurden Ende August von Flutwasser überspült. Bauer Sajjad zeigt auf eines seiner Felder: Aus dem schlammigen Wasser ragen verrottete Baumwollstengel.

Er habe sein ganzes Geld in die Saat investiert, sagt der achtfache Vater. Die Regierung hat Hilfe versprochen, aber noch nicht gezahlt.

Fragt man Bauer Sajjad, wer Schuld sei an der Überschwemmung, sagt er: Indien. Der Erzfeind habe einfach die Dämme geöffnet. Das behauptet auch die Regierung.

Auch in Indien sind die Flüsse übergelaufen

In der Provinzhauptstadt Lahore widerspricht der bekannte Anwalt und Umweltaktivist Rafay Alam. Nicht Indien sei schuld an der Flut, sondern ein ungewöhnlich intensiver Monsunregen – eine Folge des Klimawandels.

Schon Mitte August seien die Flüsse und Stauseen auf indischer Seite voll gewesen. Indien habe die Dämme Richtung Pakistan öffnen müssen, habe Pakistan aber vorher informiert. Doch die pakistanischen Behörden hätten nicht rechtzeitig reagiert.

Foto von oben auf Dutzende weisse Zelte, Menschen gehen dazwischen.
Legende: Die Fluten haben Hunderttausende obdachlos gemacht. SRF / Maren Peters

Es sei einfacher, mit dem Finger auf Indien zu zeigen, statt sich die wirklichen Probleme anzuschauen, sagt der Anwalt. «Der Klimawandel ist ein ernsthaftes Problem. Die Unfähigkeit der pakistanischen Regierung, mit Hochwasser umzugehen, ist auch ein ernsthaftes Problem.»

Mächtige Investoren bauen eine Stadt am Fluss, trotz Flutgefahr

Rafay Alam nennt ein Beispiel: umstrittene, staatlich geförderte Bauprojekte in der Nähe hochwassergefährdeter Flüsse. Eines davon ist das schicke Neubauviertel Park View City in Lahore. Auch ein Teil der Villen wurde mit braunem Flusswasser überspült. Internationale Expertinnen und Experten warnen seit Jahren vor flussnaher Bebauung.

«Sehr einflussreiche Investoren haben sich nicht darum geschert», sagt Alam. Das Neubauviertel wurde von der Firma eines amtierenden Ministers geplant. Das nächste Grossprojekt in Flussnähe ist längst in Planung.

Die Mafia mache hier Geld, vermutet der Bauer

Vor den Toren Lahores, eine halbe Autostunde vom Anwalt entfernt, fährt Grossbauer Suleman Mohammad Sajjad Warraich an den Kartoffeläckern seiner Familie vorbei. Am Horizont fliesst der Fluss Ravi. Der 67-Jährige zeigt durch das Autofenster: «Hier, in diesem Niemandsland, wollen sie eine neue Stadt bauen.»

Mann mit Brille im Seitenprofil, sitzt im Auto und zeigt aus dem Fenster auf die Landschaft.
Legende: Hunderte Bauern, darunter Grossbauer Warraich, sollen vertrieben werden, damit das Milliardenprojekt realisiert werden kann. SRF / Maren Peters

Wechselnde Regierungen planen eine Mega-Stadt für 35 Millionen Menschen, auf beiden Seiten des gerade über die Ufer gelaufenen Flusses Ravi. Für das Milliardenprojekt sollen Hunderte Bauern von ihren Äckern vertrieben werden. «Die Mafia macht hier Geld», vermutet Warraich.

Zusammen mit anderen Bauern hat er gegen das Projekt geklagt. Vor drei Jahren ordnete der Oberste Gerichtshof von Lahore einen Baustopp an. Aber die Investoren und die Regierung schert das nicht. Am Flussufer wird weitergebaut. «Wenn wieder eine Flut kommt, wird das Wasser seinen Weg finden – und uns alle umbringen», sagt Bauer Warraich.

Echo der Zeit, 22.11.2025, 18 Uhr

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