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Klimawandel Streit in Frankreich um neue Wasserreservoirs

Um die Landwirtschaft auch in Zukunft mit genügend Wasser zu versorgen, plant die Regierung über 100 künstliche Wasserreservoirs. Darüber ist ein heftiger Streit entbrannt.

Es ist längst kein Zukunftsszenario mehr, in Frankreich hat der Kampf um die wertvolle Ressource Wasser bereits begonnen. Der Grund sind die Projekte der Regierung, in trockenen Gebieten riesige Wasserreservoirs aufzubauen, die Landwirten in Dürreperioden Bewässerungsmöglichkeiten bieten – ein heftig umstrittenes Projekt.

Wasserreservoir.
Legende: Die Wasserreservoirs haben die Grösse von zehn Fussballfeldern. SRF

Seit bereits einem Jahr machen im 350-Seelen-Dorf Sainte-Soline die Gegner der Wasserreservoirs mobil. Sie wehren sich gegen den Bau eines neuen Beckens, eines von 100 geplanten Reservoirs, das lokale Landwirte in Trockenzeiten mit Wasser versorgen soll.

Seit dem 18. August sind mehreren hundert Gegner, Landwirte, Klimaaktivisten und Sympathisanten, mit Fahrrädern durch Westfrankreich unterwegs: Der sogenannte «Wasserkonvoi» ist am Samstag, 26. August, in Paris angekommen. Mit Fahrrädern und Posaunen versammelten sich rund 1000 Menschen unter dem Eiffelturm. Sie protestierten lautstark gegen den Bau der riesigen Wasserbecken im Westen Frankreichs.

Demonstrierende Menschen.
Legende: Zahlreiche Personen demonstrierten in Paris gegen die geplanten Wasserreservoirs. SRF

«In Frankreich gibt es einen regelrechten Krieg ums Wasser. Und wir können nach unserer Reise sagen: Drei Viertel der Menschen in den Regionen, durch die wir gefahren sind, sind gegen diese Projekte», ruft Julien le Guet, Sprecher des Vereins «Bassines Non Merci», ins Megafon.

Landwirtschaftsgewerkschaft steht hinter Projekt

Die Becken haben die Grösse von zehn Fussballfeldern, im Winter wird dort Grundwasser hineingepumpt, um in trockenen Sommern den Landwirten aus der Region Wasser zur Verfügung zu stellen.

Hinter dem Projekt steht die grösste französische Landwirtschaftsgewerkschaft FNSEA. Generalsekretär Hervé Lapie erklärt: «In Frankreich werden nur sieben Prozent der landwirtschaftlichen Flächen wirklich künstlich bewässert. Und bei Projekten ist es immer so, es gibt die Befürworter und die Gegner. Aber hier geht es ums Gemeinwohl. Wenn 90 Prozent der Landwirte ein so innovatives Projekt unterstützen, dann sollten wir es auch umsetzen.»

Aber genau hier liegt einer der Haken: Dass diese Projekte nur sieben Prozent der landwirtschaftlichen Flächen betreffen, sehen die Gegner der Wasserreservoirs als Privatisierung des Wassers an. Vor allem würde die sogenannte intensive Landwirtschaft von den Wasserbecken profitieren.

Hydrologin: Grundwasserspiegel würde weiter sinken

Ein weiteres Argument der Gegner ist der tiefe Grundwasserspiegel: Bei nur 13 Prozent der gesamten Fläche Frankreichs lag das Niveau des Grundwassers im Juli 2023 über dem Monatsdurchschnitt. Agnès Ducharne, Hydrologin beim Centre national de la recherche scientifique (CNRS), bezieht Stellung: «Damit würde man den Grundwasserspiegel noch weiter senken. Vom hydrologischen Standpunkt aus ist ein Wasserreservoir ganz klar keine gute Idee. Weder für die Umwelt noch für die Landwirte, die in dieses Projekt Geld investieren.»

Die Gegner haben bereits angekündigt, mit den Protesten weiterzumachen und wollen bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Kürzlich bekamen sie Unterstützung von der UNO, die Frankreich mitteilte: Die Wasserbecken seien nicht ökologisch. Bis Mitte September müsste sich Frankreich dazu äussern.

Tagesschau, 27.08.2023, 19:30 Uhr

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