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Konferenz in Genf UNO-Abkommen gegen Plastikabfall droht zu scheitern

  • Im Ringen um ein globales Abkommen zur Eindämmung der Plastikverschmutzung ist in Genf bisher keine Einigung in Sicht.
  • Die erwartete UNO-Abschlusssitzung wurde auf den Abend verschoben und es könnte eine Nachtsitzung geben.
  • Nach zehntägigem Ringen drohen die Verhandlungen auch diesmal wieder zu scheitern, wie schon im vergangenen Dezember.

Kurz vor Abschluss der UNO-Konferenz in Genf liegen die Positionen der Delegierten aus 184 Ländern noch weit auseinander. Die Länder sind sich zwar einig, dass die Flut an Plastik in Meeren, auf Bergen, in der Luft und inzwischen auch im menschlichen Körper eine grosse Gefahr darstellt. Sie streiten aber darüber, was dagegen zu tun ist.

Zwei Seiten mit gegensätzlichen Forderungen

Auf der einen Seite stehen mehr als 100 Länder mit ehrgeizigen Zielen, die eine Beschränkung der Plastikproduktion auf nachhaltigem Niveau fordern. Dazu gehören Deutschland, die EU und Dutzende Länder in Südamerika, Afrika und Asien. Sie wollen Einwegplastik wie Becher oder Besteck aus dem Verkehr ziehen, Plastikprodukte zur Mehrfachverwendung und eine Kreislaufwirtschaft fördern, bei der die Rohstoffe eines Abfallprodukts erneut verwendet werden.

Dafür macht sich Bundesrat Rösti in Genf stark

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Für Bundesrat Albert Rösti ist ein Scheitern der UNO-Verhandlungen über ein Abkommen gegen die Plastikverschmutzung nicht akzeptabel. Immerhin zeigte er sich am Donnerstagmittag vor Abschluss der Konferenz zuversichtlicher. Am Ende seien es die grossen Staaten als grösste Plastikproduzenten, die den Ausschlag gäben, erklärte der Umweltminister vor den Medien in Genf.

Rösti erklärte, der Vertragsentwurf von Verhandlungsleiter Luis Vayas Valdivieso sei «überhaupt nicht ambitioniert» und habe den Forderungen der Schweiz nicht entsprochen. Die Schweiz tritt nun für einen Text ein, der sich auf drei grosse Themen fokussiert: erstens eine Verbesserung der Produktion ohne Reduktionsziel, zweitens eine Verringerung oder zumindest Überwachung problematischer Kunststoffe. Drittens setzt sich die Schweiz dafür ein, dass die ärmsten Länder Unterstützung erhalten und sich alle Länder daran beteiligen, die die Mittel dazu haben. «Das ist im Interesse aller Länder», sagte Rösti. Laut dem Umweltminister liessen sich die Details später regeln. Das Wichtigste sei, die kritisch eingestellten Länder zumindest davon zu überzeugen, die Bemühungen gegen die Plastikverschmutzung nicht auszubremsen.

Auf der anderen Seite stehen die Länder, die den Rohstoff für das Plastik haben: Öl. Dazu gehören Saudi-Arabien, der Iran und Russland. Diese Gruppe möchte sich weitgehend auf besseres Abfallmanagement beschränken.

Der Auftrag, den die UNO-Länder sich selbst 2022 gegeben haben, war allerdings eigentlich klar: Im Mandat heisst es, der Vertrag soll den ganzen Lebenszyklus des Plastiks umfassen, von der Produktion über das Design bis zur Entsorgung.

Person trägt grossen Sack durch Plastikflaschenhalde.
Legende: Mit dem UNO-Plastikabkommen soll die Verschmutzung begrenzt werden. Bild aus Nairobi, Kenia, 5.12.2018. Keystone / AP Photo / Ben Curtis

Der Konferenzvorsitzende Luis Vayas Valdivieso legte am Mittwoch einen Last-Minute-Vertragsentwurf vor. Doch die Empörung Dutzender Länder darüber war gross. Aus dem Vertragsentwurf waren praktisch alle ehrgeizigen Ziele und Auflagen für Regierungen gestrichen worden.

«Dieser Text ist inakzeptabel und liefert nicht einmal das Minimum, das nötig ist, um mit der Dringlichkeit der Herausforderung umzugehen», warnte der dänische Delegierte im Namen der 27 EU-Länder. «Inakzeptabel» und «rote Linien überschritten» – so äusserten sich zahlreiche Regierungsvertreter. Für die Europäische Union sagte Umweltkommissarin Jessika Roswall: «Die EU ist zum Handeln bereit, aber nicht um jeden Preis.»

Selbst die Erdölländer waren nicht zufrieden: Saudi-Arabien kritisierte im Namen der Gruppe andere Paragrafen, die etwa die Forschung an Plastikalternativen oder eine Haftung von Plastikproduzenten empfahlen.

Was Plastik mit Ökosystemen und Menschen macht

Plastik vermüllt Meere und Umwelt und vergiftet Ökosysteme, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Die Nano- und Mikroplastikpartikel beeinträchtigen laut Studien unter anderem das Immunsystem, können sich in Arterien absetzen und fördern Entzündungen. In Flüssen und Ozeanen haben sich gemäss Schätzungen weltweit 152 Millionen Tonnen Plastikabfälle angesammelt.

«Wir mögen Plastik. Es ist ein tolles Produkt, und wir werden es auch weiterhin brauchen», sagte die EU-Umweltkommissarin Roswall in Genf. «Aber wir mögen keine Plastikverschmutzung.» Diese müsse endlich beendet werden.

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SRF 4 News, 14.8.2025, 6 Uhr ; 

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