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Konflikt in der Ostukraine Schweizer Hilfe sichert Trinkwasser für Millionen

Fünf Jahre nach Ausbruch des Konflikts ist das Schweizer Engagement nicht mehr wegzudenken – und ist auch lebensgefährlich.

21 Lastwagen mit mehreren hundert Tonnen Chemikalien zur Reinigung von Trinkwasser machten sich diese Woche auf den Weg von Mariupol nach Donezk. Die ukrainische Polizei eskortiert den Schweizer Hilfskonvoi auf den ersten Kilometern durch den Morgenverkehr im Südosten der Ukraine. Dabei überquert der Konvoi mehrere Kontrollposten – zuerst auf Seiten der ukrainischen Armee und anschliessend auf dem Gebiet der von Russland unterstützten Separatisten.

Die Fracht wird auf beiden Seiten minutiös kontrolliert, weswegen die Fahrt von knapp 120 Kilometern mehrere Stunden dauern wird. Die Lastwagen sind Teil des zehnten Schweizer Konvois, der in diesen Tagen in der Ostukraine unterwegs ist. Ohne die Schweizer Hilfe hätten mehrere Millionen Menschen auf beiden Seiten keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Insgesamt liefert die Schweiz in diesen Tagen 2500 Tonnen Hilfsgüter in die Region.

Schweizer Engagement ohne absehbares Ende

Als sich vor vier Jahren der erste Schweizer Konvoi auf den Weg machte, hätte niemand damit gerechnet, dass sich der Einsatz über mehrere Jahre hinziehen würde: «Eigentlich war dies als Nothilfe geplant, bis das System wieder in Fahrt kommt. Aber es ist heute eine Tatsache, dass es neben der Schweiz nur noch zwei Hilfsorganisationen gibt, die mit den Chemikalien helfen können. Es braucht die Erlaubnis beider Seiten, dass man überhaupt über die Frontlinie kommt», erzählt Dieter Dreyer, Teamleiter der Humanitären Hilfe vor Ort. Ein Ende des Schweizer Engagements ist nicht in Sicht, denn Alternativen zeichnen sich zurzeit keine ab.

Wasserversorgung als Zielscheibe

Der Schweizer Konvoi rollt durch Steppengebiet, denn über der Ostukraine fällt nur selten Regen. Es fehlt an natürlichen Reserven wie grosse Flüsse oder Seen im Gebiet um Donezk – sowohl auf Seiten der Separatisten, als auch auf dem Territorium unter Kontrolle der ukrainischen Armee. Das gesamte Gebiet rund um Donezk hängt am Tropf eines Kanalsystems aus Sowjetzeiten.

Dennoch wird beiden Seiten vorgeworfen, die Wasserinfrastruktur gezielt unter Beschuss zu nehmen und damit die Versorgung der Zivilbevölkerung aufs Spiel zu setzen.

Die Arbeit ist lebensgefährlich

Die Schweiz arbeitet vor Ort mit dem ukrainischen Staatsunternehmen «Woda Donbass» zusammen. Auf beiden Seiten betreibt «Woda Donbass» Filterstationen, in welchen die Chemikalien des Schweizer Konvois zum Einsatz kommen.

Seit Ausbruch des Konflikts sind 30 Mitarbeiter des Unternehmens während der Arbeit verletzt oder sogar ums Leben gekommen. «Die Route unserer Mitarbeiter wird vor der Fahrt über die Konfliktlinie immer bewilligt. Doch wer weiss schon, wer in diesem Moment auf unsere Autos schiesst – und was den Schützen in diesem Moment durch den Kopf geht», erzählt Larisa, Mitarbeiterin von «Woda Donbass»

Die 71-Jährige fährt trotz der Gefahr regelmässig über die Konfliktlinie. Dank der Schweizer Hilfe hat «Woda Donbass» im gesamten Gebiet für ein weiteres Jahr genügend Chemikalien an Lager. Doch langfristig kann die Schweizer Hilfe die prekäre Situation vor Ort nicht lösen. Noch fehlt beiden Konfliktparteien der politische Wille um einen Kollaps der Wasserversorgung zu verhindern.

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