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Konflikt um Kaschmir «Es ergibt keinen Sinn, einen Atomkrieg um Kaschmir zu führen»

Indien hat Kaschmir seine Autonomierechte entzogen. Nun soll der Internationale Gerichtshof in Den Haag darüber ein Urteil fällen. SRF-Korrespondent Thomas Gutersohn in Indien erklärt, warum.

Warum fordert Pakistan ein Urteil vom Internationalen Gerichtshof zu Kaschmir?

Militärisch sind dem pakistanischen Premier Imran Khan quasi die Hände gebunden. Es bleibt nur Diplomatie.

Der indische Teil Kaschmirs ist auf der ganzen Welt das in Friedenszeiten am stärksten militarisierten Gebiet.

Deshalb ist Pakistan letzte Woche zusammen mit China vor den UNO-Sicherheitsrat getreten. Dieser hat gesagt, dass diese Aberkennung des Sonderstatus der Teilautonomie des indischen Kaschmirs eine indische Angelegenheit sei und deswegen könne der Sicherheitsrat nicht darüber entscheiden. Deshalb ist der Internationale Gerichtshof in Den Haag die letzte Option.

Was erhofft sich Pakistan vom Internationalen Gerichtshof?

Es geht hauptsächlich darum, das Thema aufs internationale Parkett zu bringen. Denn ein Urteil ist nur dann rechtskräftig, wenn beide Staaten es anerkennen wollen. Einen Sinn, den Internationalen Gerichtshof anzugehen, hat es nur, wenn beide Staaten ein Interesse an einem Urteil haben. Und das ist hier nicht der Fall. Pakistan ist unilateral vorgegangen.

Karte von Kaschmir
Legende: Die Region Kaschmir ist seit 70 Jahren umkämpft. SRF

Sie haben gesagt, Pakistans Premierminister seien militärisch die Hände gebunden. Weshalb?

Pakistan kann sich keinen militärischen Konflikt mit Indien leisten. Die letzte militärische Auseinandersetzung war der Krieg 1999. Seither hat Pakistan realisiert, dass Kaschmir militärisch nicht zu gewinnen ist. Denn die Region ist im Himalaya, sehr gebirgig und schwer einnehmbar. Der indische Teil Kaschmirs ist extrem gut geschützt. 500'000 Mann sind auf der indischen Seite stationiert. Der indische Teil Kaschmirs ist in Friedenszeiten auf der ganzen Welt das am stärksten militarisierte Gebiet. Zudem steht sehr viel auf dem Spiel. Indien und Pakistan sind beides Atommächte und es ergibt weder für Indien noch für Pakistan Sinn, einen Atomkrieg anzuzetteln, um über das Schicksal der Kaschmir zu entscheiden.

China hat im pakistanischen Teil Kaschmirs ein Seidenstrassenprojekt. Welche Rolle spielt es in diesem Konflikt?

Diese Investition von China liegt sehr nah an der Grenzlinie zwischen Indien und Pakistan im pakistanischen Teil Kaschmirs. China wird sicher nicht wollen, dass diese Investitionen durch einen Krieg zwischen Indien und Pakistan gefährdet werden.

Für wie aussichtsreich halten Sie diesen diplomatischen Weg, den Pakistan eingeschlagen hat?

Es ist immerhin ein neuer Ansatz, auch wenn er nicht ganz freiwillig ist. Die beiden Länder streiten sich seit Jahrzehnten militärisch und paramilitärisch um das Schicksal Kaschmirs.

Pakistan will zeigen, dass es kein Terrorstaat ist, sondern nach den Regeln spielen will.

Das hat alles nichts gebracht. Bei der jüngsten Eskalation im Februar, als ein indischer Pilot von Pakistan gefangen gehalten wurde, hat Pakistan keine schlechte Falle gemacht und hat ihn ohne Konsequenzen ausgeliefert. Pakistan versucht zumindest das Bild des Landes in der Welt etwas zu ändern. Es will zeigen, dass es eben kein Terrorstaat ist, sondern nach den Regeln spielen will. So erhält Pakistan international zwar mehr Anerkennung. In Pakistan selbst aber werden die Stimmen nach einer härteren Haltung gegenüber Indien immer lauter. Das könnte Khan in Bedrängnis bringen.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

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