Konflikt ums Nilwasser - Afrikas grösster Staudamm weckt Ängste bei den Nilbauern
Äthiopien hat Ende Februar seinen neuen Staudamm am Blauen Nil in Betrieb genommen. Ein Meilenstein für das Land. Bei den Nilstaaten am Unterlauf – Sudan und Ägypten – kommen Ängste auf: Ihre Landwirtschaft ist vom Nilwasser abhängig. Doch Äthiopien lässt nicht mit sich reden.
Zunächst gibt es Kaffee – wie so oft im Sudan. Eine Gruppe von Bauern sitzt im Schatten eines Mangobaumes. Ältere Männer in weissen langen Gewändern. Nur wenige Meter entfernt zieht der Blaue Nil vorbei. Äthiopiens Damm am Oberlauf des Flusses ist ein ständiges Thema bei den Bauern. Das Wasser ist ihre Lebensgrundlage.
Eigentlich wird am Freitag im Sudan nicht gearbeitet. Doch heute ist das anders – denn Bauer Ali Elsadiq hat einen Lastwagen mit Bohranlage bestellt. Damit kann er künftig das Grundwasser anzapfen.
Verheiratet mit dem Nil
Diskussionen und Sorgen sind allgegenwärtig. Man sei mit dem Fluss praktisch verheiratet, erklärt Bauer Adam Zahir: «Es ist mehr als eine Ehe, wir verbringen unser ganzes Leben hier, bis zu 15 Stunden am Tag. Mit den Bäumen und Kühen.»
Eine Scheidung hingegen ist nicht möglich. Die Frau könne man wechseln, aber den Fluss nicht, so Zahir. Gelächter zu einem ernsten Thema bricht aus.
«Sudan ist auf Äthiopiens Goodwill angewiesen»
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SRF News: Es gibt grosse Sorgen im Sudan wegen des neuen Staudamms – was antwortet Äthiopien darauf?
Samuel Burri: Ministerpräsident Abiy Ahmed erklärte bei Inbetriebnahme des Dammes: «Wie man sieht: Das Wasser fliesst weiterhin nach Sudan und Ägypten.» Äthiopien sagt, der Damm werde den Wasserfluss kaum verändern. Doch das Problem ist: Es gibt
kein Abkommen zwischen Äthiopien und Sudan, wie das Wasser des Blauen Nils reguliert wird
, zum Beispiel bei massiven Regenfällen oder Trockenheit. Sudan und Ägypten sind also auf Äthiopiens Goodwill angewiesen.
Wie wichtig ist dieses Damm-Megaprojekt für Äthiopien?
Wenn der Staudamm fertig ist, dann hat er die Kapazität, fünf Gigawatt Strom zu produzieren – dies entspricht fünfmal der Leistung des AKWs Gösgen. Auch die Kosten sind immens, sie liegen bei rund vier Milliarden Franken, was ein Drittel von Äthiopiens Staatsbudgets ausmacht. Hilfe von andern Ländern hat Äthiopien dafür nicht erhalten.
Wie konnte Äthiopien diese Kosten stemmen?
Alle Staatsangestellten mussten einen Monatslohn beisteuern. Zusätzlich konnten alle Äthiopier Anteilscheine kaufen – dafür gab es auch in der Diaspora grosse Kampagnen.
Der Damm ist im kriegsversehrten Äthiopien wohl das einzige Thema von nationaler Relevanz, bei dem sich alle geschlossen dahinter stellen.
Es gab schon diverse Vermittlungsversuche zwischen Äthiopien, Sudan und Ägypten. Ist eine Einigung möglich?
Die Positionen sind verhärtet, eine Einigung ist nicht absehbar. Doch sie wäre gut, denn in der Region am Horn von Afrika schwelen bereits diverse Konflikte. Der Streit ums Nilwasser sorgt für weitere Unruhe.
Eine unberechenbare Lebensader
Zwei Drittel der bewässerten Landwirtschaft des Sudans liegt hier am Blauen Nil. Zwiebeln, Tomaten, Okraschoten wachsen auf den Feldern in der Nähe der Stadt Wad Madani. Dazwischen Mangos, Bananen und Orangen, im flachen Hinterland gedeiht auch Hirse und Sesam.
Äthiopiens neuer Staudamm sorgt auch bei Bauer Ali Elsadiq für schlaflose Nächte: «Natürlich habe ich Angst, denn wenn die Wassermenge abnimmt, dann trifft es uns alle.» Darum das neue Bohrloch. Die letzten Vorbereitungen zum Start der Pumpe laufen. So könnte Sadiq auch bewässern, wenn der Nil wenig Wasser führt.
Neben der Pump-Bewässerung setzt man im Sudan vor allem auf die jährlich wiederkehrenden natürlichen Fluten. Dann jedoch werden ganze Landstriche überschwemmt. Die Flut ist Fluch und Segen zugleich. Bauer Zahir erklärt, dass ein Freund von ihm 2500 Zitronenbäume verloren habe in der letzten Flut. Gleichzeitig machen die Sedimente im Wasser das Land fruchtbar.
Der Blaue Nil war immer unberechenbar. Mit dem neuen Staudamm in Äthiopien könnte diese Unberechenbarkeit noch zunehmen – fürchtet man am Unterlauf. Darum verlangen Sudan und Ägypten ein bindendes Abkommen mit Äthiopien über den Gebrauch des Nilwassers. Doch Äthiopien will nicht.
Am späten Nachmittag beginnt es plötzlich zu Summen auf Elsadiqs Feld. Die elektrische Pumpe ist angesprungen. Plötzlich schiesst Wasser aus dem Bohrloch. Die alten Männer springen auf, greifen zu ihren Hacken. Sie leiten das Wasser ins Kanalsystem zwischen den Gemüsebeeten.
Die Männer in ihren weissen Gewändern öffnen hier eine Schleuse, schliessen da eine andere. Jetzt arbeiten sie doch noch am Freitag. Und der Kaffee unter dem Mangobaum wird langsam kalt.
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