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Kongo Kinshasa und Ruanda Ein Friedensabkommen ohne die stärkste Miliz – was bringt das?

In Washington D. C. haben Kongo Kinshasa und Ruanda ein Abkommen unterschrieben. Dieses hat jedoch viele Schwachstellen.

Friedensabkommen zwischen Kongo-Kinshasa und Ruanda: In den USA ist ein Abkommen zwischen Kongo-Kinshasa und Ruanda ausgehandelt worden. Es zielt darauf ab, die Kämpfe im Osten Kongo-Kinshasas zu beenden. Es ist in Washington in Anwesenheit des US-Aussenministers Marco Rubio von der kongolesischen Aussenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner und vom ruandischen Aussenminister Olivier Nduhungirehe unterzeichnet worden.

Hüttenartige Behausungen so weit das Auge reicht
Legende: Ein Flüchtlingslager bei Goma im Osten Kongo-Kinshasas. Keystone/Moses Sawasana

Das sind die Konfliktparteien: Die Armee der kongolesischen Zentralregierung kämpft zusammen mit Rebellenbewegungen (zum Beispiel mit kongolesische Hutu-Rebellen) gegen mehr als 100 Rebellengruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft, eine davon ist das «Mouvement du 23 Mars», abgekürzt M 23. Das M 23 ist zurzeit die mächtigste Rebellengruppe, sie wird von Ruanda unterstützt und hat im Osten von Kongo-Kinshasa seit Anfang Jahr grosse Gebiete eingenommen.

Krieg seit mehr als 30 Jahren

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Der aktuelle Konflikt im Osten von Kongo-Kinshasa geht auf den Genozid im Nachbarland Ruanda zurück. Dort wurden 1994 bis zu 1.5 Millionen Angehörige der Volksgruppe Tutsi von solchen der Hutus getötet. Hunderttausende Tutsi flohen in den Ostkongo – doch unter den Flüchtlingen waren auch Angehörige der Völkermörder Hutu, die in den Flüchtlingslagern rasch die Kontrolle übernahmen.

Dies wiederum veranlasste die neue ruandische Tutsi-Regierung unter dem immer noch regierenden Präsidenten Paul Kagame, die Hutu im Kongo zu verfolgen. 1997 stürzte eine von Ruanda und Uganda unterstützte Militärkoalition sodann den kongolesischen Langzeitpräsidenten Mobutu. Sie warf ihm vor, Rebellen Schutz zu bieten. Es folgten Kriegsjahre mit zahllosen schweren Menschenrechtsverbrechen auf kongolesischem Territorium.

«Afrikanischer Weltkrieg»

Die von Ruanda und Uganda unter dem Deckmantel des Kampfes gegen kongolesische Rebellengruppen angefachten und bis 2003 dauernden Kriege involvierten zahlreiche afrikanische Staaten als Konfliktparteien. Der zweite Kongokrieg wird daher auch als «Afrikanischer Weltkrieg» bezeichnet. Dem dicht besiedelten Ruanda ging es dabei nicht nur um die Sicherung der eigenen Grenzen, sondern auch um den Ausbau seines politischen und wirtschaftlichen Einflusses in der Region der Grossen Seen.

Auch ein Krieg um Rohstoffe

Von herausragender Bedeutung nicht nur für Ruanda, sondern auch für die Weltwirtschaft sowie die globale Energie- und Mobilitätswende sind die immensen Rohstoffvorkommen im Kongo. Viele Rohstoffe, die primär in der Elektronikindustrie benötigt werden, finden sich im Osten des riesigen Landes.

Durch den Schmuggel der oftmals unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebauten Mineralien Zinn, Wolfram, Coltan, Gold und Diamanten wird der Konflikt befeuert. Bewaffnete Gruppen kontrollieren Abbaugebiete und Schmuggelrouten. Insbesondere Gold und Coltan werden über die Grenze nach Ruanda (und Uganda) transportiert und von dort als «konfliktfreier» Rohstoff weiterverkauft. (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung)

Der Inhalt des Friedensabkommens: Was genau in dem Abkommen drinstehe, sei noch gar nicht öffentlich, so SRF-Korrespondentin Sarah Fluck. Man kenne nur einige Eckwerte: «Es geht um eine Waffenruhe zwischen den beiden Ländern und die ruandischen Truppen sollen sich zurückziehen. Rebellengruppen – vor allem die M 23 – sollen entwaffnet und in die Gesellschaft integriert werden. Geflüchtete aus beiden Ländern sollen zurückkehren können und humanitäre Hilfsorganisationen wieder vollen Zugang zu der Region erhalten.» Die Umsetzung dieser Punkte solle ein gemeinsames Sicherheitsgremium mit internationaler Unterstützung überwachen.

Ein kleines Kind, das einen zu grossen Helm trägt
Legende: Ein Kind in einem Flüchtlingslager bei Goma im Osten Kongo-Kinshasas. Keystone/Moses Sawasana

Die Aussichten des Friedensabkommens: Fluck geht nicht davon aus, dass das Friedensabkommen viel bringen werde. Denn die M 23 ist an dem Abkommen und seiner Unterzeichnung nicht beteiligt. «Ohne die M 23 ist kein Frieden denkbar», so die Korrespondentin. Zudem sei noch nicht mal klar, ob beide der beteiligten Parteien zum Unterschreiben kommen würden.

Nicht der erste Versuch: Kurz vor Unterzeichnung hätten die Parteien schon mal ein Friedensabkommen anstehen lassen, sagt die Korrespondentin, und zwar im Dezember 2024. «Damals ging es um einen Friedensschluss, der von Angola vermittelt worden war. Ruanda ist in letzter Minute abgesprungen.»

Kongo und Kongo

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Die Republik Kongo und die Demokratische Republik Kongo liegen direkt nebeneinander. Der Einfachheit halber wird hier die Demokratische Republik Kongo Kongo-Kinshasa genannt. Kinshasa ist die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Die Republik Kongo wird auch Kongo-Brazzaville genannt.

Gründe für den Nicht-Einbezug: «Die M 23 ist ein heikler und politisch unbequemer Akteur», so Sarah Fluck. Sie werde von Ruanda unterstützt, aber nicht nur. «Die M 23 ist eine eigene Kriegspartei und ist militärisch stark. Sie kontrolliert beispielsweise die Stadt Goma im Osten Kongos-Kinshasas.» Frühere Gespräche mit der M 23 seien gescheitert.

Auch andere Akteure fehlen: Wie die Korrespondentin sagt, hat das Abkommen verschiedene Schwachpunkte. Es fehlten neben der M 23 auch andere Akteure, die in den Konflikt involviert seien, Nachbarländer wie Uganda und Burundi, und das Abkommen enthalte beispielsweise keinerlei Zeitpläne und Fristen. «Viele Experten sehen in dem Abkommen vor allem Symbolpolitik, aber keinen echten Frieden», sagt Fluck.

Darum soll in Washington unterschrieben werden: Die USA habe schon länger versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Neu sei nun, dass die USA den beiden Ländern versprochen habe – wenn es zu Frieden zwischen Kongo-Kinshasa und Ruanda kommt – in den Bergbau zu investieren. «Sie wollen beispielsweise Anlagen zur Verarbeitung von Kupfer, Kobalt und Lithium bauen.»

SRF 4 News, 27.6.2025, 6:46 Uhr ; 

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