Russland meldete in den letzten Tagen mehrere Zwischenfälle mit Drohnen über seinem Territorium und macht die Ukraine dafür verantwortlich. Die Rede ist von einem mutmasslichen Angriff auf eine Ölraffinerie am Schwarzen Meer, dem Fund einer abgestürzten Drohne südöstlich von Moskau und von unbekannten Flugobjekten über St. Petersburg.
Hinter den Drohnenangriffen auf kriegswichtige Ziele wie die Ölraffinerie steckt offenkundig die Ukraine. Das gilt wohl auch für den heutigen Angriff auf die russisch besetzte Krim. Kiew bestätigt solche Angriffe in der Regel nicht. Aber die bei Moskau gefundene Drohne ist allem Anschein nach ein ukrainisches Modell vom Typ UJ22 aus eigener Produktion.
Warum gerade jetzt?
Die vermehrten Drohnenangriffe sind wohl damit zu erklären, dass die Ukraine aufgerüstet hat. Denn Kiew verfügt, wie es aussieht, erst jetzt über Drohnen mit genügend Reichweite, um im russischen Hinterland Ziele angreifen können. Möglicherweise bereitet die Ukraine auch gerade jetzt eine grössere Offensive vor. Die Drohnen weit nach Russland hinein hätten dann wohl das Ziel, dort Kräfte zu binden und die russische Position an der Front zu schwächen.
An der Front setzt die Ukraine bereits seit längerem regelmässig Drohnen ein, um russische Stellungen auszukundschaften oder Artilleriefeuer zu korrigieren. Jede ukrainische Einheit verfügt über Drohnen, darunter auch viele selbst modifizierte aus dem Elektronikfachmarkt. Von solchen «Spielzeugdrohnen» mit angehängten Granaten gibt es unzählige Videos. Der Feind im gegnerischen Schützengraben soll sich nirgendwo mehr sicher fühlen können.
Der moderne Drohnenkrieg
Über hundert Drohnen seien in der schwer umkämpften Stadt Bachmut zurzeit gleichzeitig in der Luft, berichtet Serhij Osatschuk, ein Offizier der ukrainischen Grenztruppen, der im Osten des Landes dient. Wer den Luftraum kontrolliert, der weiss, wohin er schiesst, und hat dadurch einen entscheidenden Vorteil in der Schlacht.
Einen massiven Drohnenkrieg führt seit Monaten auch Russland gegen die zivile Infrastruktur in der Ukraine. Im Unterschied zur Ukraine hat der Kreml aber im Iran eine grosse Anzahl Drohnen vom Typ Shahed eingekauft, sogenannte Kamikaze-Drohnen, die im Ziel explodieren.
Jetzt fliegen die Ukrainer ihrerseits solche Angriffe auf Russland, wenn auch in weit geringerem Mass und bisher primär auf militärisch relevante Ziele. Drohnen sind zu einem entscheidenden Faktor geworden. Ohne sie geht im grössten Krieg in Europa seit 1945 nichts mehr.