Das ist passiert: Israels Armee hat nach eigenen Angaben die erwartete neue Grossoffensive im Gazastreifen eingeleitet. Das teilte das Militär in der Nacht mit. Im Laufe des vergangenen Tages habe die Armee damit begonnen, «umfangreiche Angriffe durchzuführen und Truppen zu mobilisieren, um die operative Kontrolle in Gebieten des Gazastreifens zu erlangen». Der nun laufende Militäreinsatz unter dem Namen «Gideon's Chariots» sei der Auftakt zur «Erreichung der Kriegsziele» – einschliesslich der Freilassung von Geiseln und der Zerschlagung der islamistischen Terrororganisation Hamas, hiess es.
Das ist der Umfang der neuen Offensive: Die israelische Nachrichtenseite «Ynet» berichtete in der Nacht unter Berufung auf Quellen im Gazastreifen von neuen heftigen Explosionen im Norden des abgeriegelten Küstengebiets. Östlich der Stadt Gaza gebe es Berichte über Artilleriebeschuss durch die israelische Armee, hiess es. Demnach würden Wohngebäude bombardiert. Israels Luftwaffe hat nach palästinensischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden im Gazastreifen mindestens 146 Palästinenser getötet. 459 Menschen seien bei Angriffen verletzt worden, teilten palästinensische Gesundheitseinrichtungen mit.
Das ist zum Zeitpunkt bekannt: Die israelische Regierung hatte jüngst angekündigt, den Militäreinsatz im Gazastreifen ausweiten zu wollen. Israelische Medien hatten berichtet, dies solle nach dem Ende der Nahostreise von US-Präsident Donald Trump passieren, sollte bis dahin kein neues Gaza-Abkommen erzielt werden. Inzwischen hat Trump seinen mehrtägigen Besuch in der Golfregion beendet. Ein neuer Deal für Gaza ist weiterhin nicht in Sicht.
Das ist die Reaktion der UNO: Der Chef des UNO-Menschenrechtsbüros verurteilte Israels neue Offensive mit drastischen Worten. «Es sieht nach einem Vorstoss für eine dauerhafte Bevölkerungsverschiebung in Gaza aus, der das Völkerrecht missachtet und einer ethnischen Säuberung gleichkommt», sagte Hochkommissar Volker Türk in Genf. Die Bombardements hätten zu weiteren Vertreibungen geführt.
Das bedeutet die Militäroffensive für die Bevölkerung in Gaza: Die neue Offensive dürfte die Notlage der palästinensischen Bevölkerung des dicht besiedelten und nach mehr als anderthalb Jahren Krieg grossflächig zerstörten Gazastreifens weiter verschärfen. Die UNO und Hilfsorganisationen warnen bereits vor einer Hungersnot. Israel lässt seit Anfang März keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen. Es wirft der Hamas vor, sie weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren. Israels Sicherheitskabinett beschloss zwar kürzlich, künftig wieder Lieferungen nach Gaza zu erlauben, aber mit einem anderen Mechanismus, sodass die Hamas nicht davon profitieren könne. Berichten zufolge sollen Güter nur noch von wenigen Standorten aus verteilt werden. Die UNO übten Kritik daran: Zivilisten könnten auf dem Weg zu diesen Verteilungszentren ins Kreuzfeuer geraten.