Der frühere israelische Kampfjetpilot Guy Poran ist alles andere als ein Pazifist. Und doch kämpft er derzeit lautstark gegen den Krieg in Gaza.
Zusammen mit anderen hat der 69-Jährige einen Protestbrief an die Regierung geschrieben, den tausende aktuelle und ehemalige Armeeangehörige unterschrieben haben. Die Forderung: Israel müsse die Geiseln zurückholen – selbst wenn dies das Ende des Krieges bedeuten würde.
Protestbrief an Regierung
«Dieser Krieg wird nur noch weitergeführt, weil Premier Netanjahu weiss, dass seine Regierung bei einem Kriegsende auseinanderbrechen würde», sagt Kampfjet-Veteran Guy Poran. «Das ist der einzige Grund für diesen verrückten Krieg.»
Mitunterzeichnet wurden die Protestbriefe an die Netanjahu-Regierung laut israelischen Medienberichten von Reservisten der Luftwaffe, aber auch von Angehörigen der Elite-Einheit «Golani Brigade».
Auch frühere Führungskräfte der israelischen Armee, etwa der ehemalige Chef des Militärgeheimdienstes Uri Sagi, haben unterschrieben. Laut den Initianten haben mittlerweile über 140‘000 Israeli den Brief unterzeichnet.
Mehrheit für Waffenstillstand
Nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 befürwortete zunächst eine Mehrheit der Israeli den Krieg in Gaza. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet.
In Israel spricht sich seit längerem eine Mehrheit für einen Geisel-Deal und einen Waffenstillstand aus – selbst wenn das bedeutet, dass die Hamas weiterexistiert. Das zeigen diverse Umfragen sowie die Demonstrationen, welche wöchentlich im Land stattfinden.
Demonstration in Tel Aviv
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Bild 1 von 4. In Israel finden aktuell wöchentlich Demonstrationen statt, ... Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. ... woran sich Menschen beteiligen, die sich für einen Geisel-Deal ... Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. ... und für einen Waffenstillstand mit der Hamas im Gazastreifen einsetzen. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. Dies selbst dann, wenn es bedeuten würde, dass die Terrororganisation weiterexistiert. Bildquelle: SRF.
«Wir müssen die Geiseln zurückbringen und den Krieg beenden», sagt einer der Demonstrierenden auf dem Habima-Platz in Tel Aviv. «Sonst werden die Geiseln und die Menschen in Gaza die Opfer sein.»
Ebenfalls an der Demonstration nimmt ein älteres Paar teil. Sie sagen: «Was in Gaza passiert, ist entsetzlich: Damit können wir als Juden und als Israeli nicht leben.»
Die Proteste haben nochmals Zulauf bekommen, seit die Netanjahu-Regierung im März die Waffenruhe mit der Hamas gebrochen hat – und seit sie letzte Woche eine weitere Ausweitung des Kriegs in Gaza angekündigt hat.
Nicht gut kam ausserdem an, dass Ministerpräsident Netanjahu jüngst öffentlich einen Sieg gegen die Hamas über das Schicksal der Geiseln gestellt hat. Zudem hatte Netanjahu die Unterzeichner des Protestbriefs als «extremistische Randgruppe» bezeichnet.
Hoffen auf Trump
Mit dem Vorgehen der Regierung können sich immer weniger Menschen in Israel identifizieren. Laut Medienberichten verweigern bis zu 100'000 Reservisten inzwischen ihren Dienst – aus ideologischen oder persönlichen Gründen. Um die Pläne für eine Ausweitung des Kriegs umzusetzen, hat die Regierung begonnen, Reservisten aufzubieten.
Der frühere Kampfjetpilot Guy Poran kritisiert die Pläne der Netanjahu-Regierung. Eine Weiterführung des Krieges gefährde das Leben der Geiseln: «Nach über anderthalb Jahren intensivstem Krieg, über 50‘000 Toten in Gaza und mehr als 750 getöteten israelischen Soldaten kann niemand glauben, dass der Krieg noch eine dramatische Veränderung bringen wird.»
Poran hofft etwa darauf, dass US-Präsident Donald Trump Druck macht auf Netanjahu und seine Regierung, damit diese den Krieg beendet.