Wenn ein US-Aussenminister im Vatikan vorfährt, dann gehen meist sämtliche Türen auf. Auch jene des Papstes. Doch an diesem Donnerstag blieb die verschlossen. Der Aussenminister der USA, Mike Pompeo, musste mit dem Staatssekretär, mit Kardinal Parolin, vorlieb nehmen.
Grund der kalten, päpstlichen Schulter ist China. Vor zwei Jahren einigten sich China und der Vatikan auf ein sogenannt «vorläufiges Abkommen». In diesem nicht im Wortlaut bekannten Text regelten beide Staaten die Ernennung von römisch-katholischen Bischöfen in China. Ein lange währender Streit wurde mit diesem Abkommen entschärft.
Seither erhalten Bischöfe in China den Segen der katholischen Kirche und den Segen der kommunistischen Partei.
Grosse Pläne im Riesenreich
Genau dieses Abkommen ist der US-Regierung unter Donald Trump ein Dorn im Auge. Unter Trump verschlechtert sich das Verhältnis der USA zu China zusehends, die Töne sind schrill und die US-Regierung fordert von ihren Verbündeten Gefolgschaft – auch vom Vatikan.
Die moralische Autorität des Vatikans sei in Gefahr, sagte US-Aussenminister Pompeo noch vor ein paar Tagen in Washington. Der Vatikan solle das Abkommen nicht erneuern. Doch daran, so hört man aus dem Vatikan, denkt der Papst offenbar nicht. Denn in China steht viel auf dem Spiel: ein Milliardenvolk, in dem die römisch-katholische Kirche bisher kaum Fuss fassen konnte. Viel Potenzial also.
Zurückhaltung gegenüber Peking
Doch wie hoch ist der Preis, den der Vatikan dafür zu zahlen bereit ist? Beobachter in Rom sagen, bisher habe sich das Abkommen nicht gelohnt. In China gebe es weiterhin keine Religionsfreiheit. Die Einigung auf Bischöfe, die beiden Seiten genehm sind, sei mühsam. Und die Zahl der Gläubigen wachse auch nicht weiter.
Zudem, monieren Kritiker, halte sich der Papst mit Kritik an Peking auffällig zurück, nur um das Abkommen nicht zu gefährden. So habe Franziskus die Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong bisher kommentarlos hingenommen.
Das Verhältnis des Vatikans zu China wirft in der Tat Fragen auf. Fragen die durchaus zwischen dem Papst und einem US-Aussenminister hätten erörtert werden können. Doch das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und der Trump-Regierung bleibt kühl.
Unerwünschte Moralpredigt
Schon im Wahlkampf vor vier Jahren hatte der Papst den Kandidaten Trump wegen dessen Mauerbauplänen zu Mexiko kritisiert. Als Trump dann vor drei Jahren den Vatikan besuchte, lächelte er ganz lange in die Kameras, Franziskus aber nur ganz kurz und sichtlich gequält.
Und dass der US-Aussenminister dem Papst nun in Sachen moralische Autorität eine Lektion erteilen wollte, kam im Vatikan ganz schlecht an.