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Kurdenpolitiker verurteilt Türkei schert sich nicht um Gerichtshof für Menschenrechte

Der Gerichtshof für Menschenrechte hatte die Freilassung von Selahattin Demirtas angeordnet. Der Türkei ist das egal.

  • Ein türkisches Berufungsgericht hat die Verurteilung des Kurdenpolitikers Selahattin Demirtas wegen «Terrorpropaganda» bestätigt.
  • Damit ist Demirtas in der Türkei erstmals rechtskräftig verurteilt. Und Präsident Erdogan ist seinen charismatischen Rivalen los.
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte erst vor zwei Wochen die Freilassung angeordnet. Erdogan foutierte sich darum.
  • Türkische Oppositionspolitiker reagieren empört auf die Verurteilung.

Video
Aus dem Archiv: Freilassung für kurdischen Oppositionspolitiker
Aus Tagesschau vom 20.11.2018.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 33 Sekunden.

Das Berufungsgericht in Istanbul habe am Dienstag einen Einspruch gegen Selahattin Demirtas' Verurteilung im September zurückgewiesen, sagte sein Anwalt der Nachrichtenagentur AFP.

Gegen Demirtas, den früheren Vorsitzenden der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), laufen zahlreiche Klagen. Wegen eines Hauptverfahrens wegen Terrorvorwürfen ist Demirtas seit mehr als zwei Jahren inhaftiert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte erst vor zwei Wochen angeordnet, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt sei und der Politiker freigelassen werden müsse.

Richter müssen eines Tages selbst vor Gericht
Autor: Selahattin Demirtas Türkischer Oppositionspolitiker

Umgesetzt hatte die Türkei das EGMR-Urteil allerdings nicht. Im Gegenteil: Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte, dass er sich nicht daran gebunden fühle. Ein Gericht in Ankara lehnte Demirtas' Freilassung daraufhin ab.

Demirtas wird als «Geisel» gehalten

Demirtas selbst liess via Twitter mitteilen: «Ich erkenne die Strafe und die Drohungen der Justiz, die der Regierung untersteht, nicht an.» Die Richter müssten eines Tages selbst vor Gericht Rechenschaft ablegen. «Ihr werdet uns nicht in die Knie zwingen können.»

Mahsuni Karaman, ein weiterer Anwalt des pro-kurdischen Politikers, schrieb auf Twitter, im Hauptverfahren werde Demirtas nun aus der Untersuchungshaft entlassen, sodass man sagen könne, man habe sich an die EGMR-Entscheidung gehalten. Wegen der Bestätigung der Gefängnisstrafe von vier Jahren und acht Monaten werde sein Mandant aber weiter als «Geisel» gehalten.

Keine unabhängige Justiz

Die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan reagierte empört auf das Urteil des Berufungsgerichtes. Es zeige, dass die Gerichte in der Türkei nach Erdogans Anweisung handelten und von ihm «abhängig» seien. Der Abgeordnete der grössten Oppositionspartei CHP, Sezgin Tanrikulu, schrieb auf Twitter, das Urteil sei das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Politik und Justiz.

Demonstrant hält Bild von Demirtas hoch
Legende: Erinnern an einen Weggesperrten: Seit November 2016 ist Selahattin Demirtas in Haft, seine Anhänger und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordern seine Freilassung. Keystone

Der charismatische Demirtas ist ein scharfer Kritiker von Erdogan und hat immer wieder vor einer Ein-Mann-Herrschaft in der Türkei gewarnt. Er war im November 2016 unter Terrorvorwürfen verhaftet worden und ist im westtürkischen Edirne inhaftiert. Bis Februar war er HDP-Vorsitzender. Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni trat er aus dem Gefängnis heraus als Präsidentschaftskandidat gegen Erdogan an. Trotz dem erschwerten Wahlkampf erreichte er mit 8,4 Prozent der Stimmen den dritten Platz.

Im EGMR-Urteil zur Freilassung Demirtas' vor zwei Wochen hatten die Richter argumentiert: Die Tatsache, dass der Politiker seiner Arbeit im Parlament nicht nachkommen konnte, sei ein unrechtmässiger Eingriff in die Meinungsfreiheit und in das Recht, als gewählter Abgeordneter im Parlament zu sitzen.

Demirtas' Inhaftierung habe das Ziel gehabt, Pluralismus zu ersticken und die Freiheit der politischen Debatte einzugrenzen. Das habe insbesondere während der Präsidentenwahlen im Juni und für das umstrittene Verfassungsreferendum im April 2017 gegolten.

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