Ein Video von Prinzessin Latifa, eines von bis zu 30 Kindern von Mohammed bin Raschid al-Maktum, dem Herrscher von Dubai, schockiert die Öffentlichkeit. Darin bezeichnet sie sich selbst als Geisel:
Diese Villa wurde umfunktioniert in ein Gefängnis, alle Fenster sind geschlossen, ich kann sie nicht öffnen.
Latifa wollte vor drei Jahren aus Dubai fliehen. Sie scheiterte und wird seither gefangengehalten. Wenn sie denn überhaupt noch am Leben ist. Denn sie sagt, ihr werde gedroht, sie würde erschossen, wenn sie nicht kooperiere.
Und sie erwähnt auch, dass sie seit Mai 2018 festgehalten werde und dass das 14 Monate her sei. Es kann also gut sein, dass dieses Video bereits über ein Jahr alt ist. Heute wäre Latifa 35 Jahre alt. Doch wieso wollte sie überhaupt flüchten? «Sie hat als Prinzessin den ganzen Luxus», sagt Grossbritannien-Korrespondentin Henriette Engbersen. Doch etwas habe sie nicht: «Die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten will.»
Nicht der erste Fluchtversuch
Schon vor ihrem Fluchtversuch 2018 hatte Latifa ein langes Video publiziert. Darin erklärte sie, sie wolle gerne im Ausland leben. Das werde ihr verwehrt.
Engbersen weiss: «Sie hat bereits – fast 20 Jahre ist das jetzt her – schon einmal versucht, zu fliehen. Sie wurde zurückgeholt und war danach drei Jahre im Gefängnis.» Damals sei sie massiv geschlagen worden. Einmal sei sie auf allen Vieren in ihre Zelle zurückgekrochen, beschreibt sie ihr Martyrium.
«Die Tochter des Scheichs lebt in einem goldenen Käfig», so die Einschätzung der SRF-Korrespondentin. «Wenn sie gehorcht, hat sie alles ausser ihrer Freiheit. Gehorcht sie nicht, drohen Schläge, Gefängnis oder Schlimmeres.»
Die britische Regierung hat ihre Besorgnis ausgedrückt. Das Videomaterial sei «sehr beunruhigend», sagte Aussenminister Dominic Raab, nachdem der britische Sender BBC die von der verschwundenen Frau aufgenommenen Videos veröffentlicht hatte. Auch Premier Boris Johnson zeigte sich besorgt.
Die Regierungen Dubais und der Vereinigten Arabischen Emirate hätten die Videos auf Anfrage nicht kommentiert, erklärte die BBC.
Dass sich ausgerechnet die britische Regierung zu dem Fall äussert, liegt daran, dass es enge Verbindungen des Scheichs mit Grossbritannien gibt, wie Engbersen erklärt. «Er ist dort zur Schule gegangen. Er besitzt etliche Ländereien, Villas, berühmte Pferdeställe, und dadurch pflegt er auch enge Kontakte zum Königshaus.» Hinzukomme, dass sich eine seiner Ehefrauen vor einigen Jahren erfolgreich nach Grossbritannien abgesetzt habe.
Menschenrechtskommission eingeschaltet
In der Folge kam es in London zu einem Scheidungsverfahren. «Dabei hielt das britische Gericht fest, dass der Scheich zwei seiner Töchter, die versucht hatten zu fliehen, entführt hat. Und das Gericht hielt auch fest, dass er seine Töchter gefoltert hat. Das ist der britischen Öffentlichkeit nun bekannt.»
Doch kann dieser öffentliche Druck etwas bewirken? «Es ist im Moment unklar, ob diese Frau noch lebt», sagt die Korrespondentin. «Die UNO-Menschenrechtskommission will sich jetzt immerhin mit diesem Fall befassen. Und das heisst sicherlich, dass der Druck auf den Scheich erhöht wird.»
Dies könnte bewirken, dass sich beispielsweise Investoren von Dubai distanzierten. «Ob das dem Scheich letztlich so sehr schadet, dass er vielleicht doch überdenken muss, wie er mit seiner eigenen Familie und den Frauen umgeht in seinem Land, bleibt jedoch eine offene Frage.»