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Le Pen vs. Macron Warum die Franzosen trotzdem wählen

  • Knapp 47 Millionen wahlberechtigte Franzosen können zwischen der rechtspopulistischen Marine Le Pen und dem links-liberalen Emmanuel Macron entscheiden. Die Überseegebiete haben bereits am Samstag gewählt. Die meisten Wahllokale sind bis 19 Uhr, in grossen Städten sogar bis 20 Uhr geöffnet.
  • Macron geht laut Umfragen als Favorit in die Stichwahl. Doch viele Franzosen haben das Gefühl, zwischen Pest und Cholera entscheiden zu müssen.
  • Die ersten verlässlichen Hochrechnungen sind um 20 Uhr zu erwarten.
  • Für Aufregung sorgte zuletzt die Nachricht, dass das Macron-Wahlteam einem massiven Hackerangriff ausgesetzt war. Zehntausende interne sowie auch gefälschte Dokumente seiner Bewegung «En Marche!» wurden im Internet veröffentlicht.

Die Abstimmung der knapp 47 Millionen Bürger Frankreichs wird international mit Spannung und Nervosität verfolgt. Denn sie ist entscheidend: Ein Sieg der EU-Gegnerin Le Pen würde die Europäische Union schwer erschüttern.

Macron geht als klarer Favorit in die Wahl. Der Ex-Wirtschaftsminister lag in Umfragen zuletzt bei 62 bis 63 Prozent, Le Pen kam auf 37 bis 38 Prozent. Doch die beiden Kandidaten verlangen den Franzosen einen schwierigen Entscheid ab. Die beiden Finalisten stehen für zwei völlig gegensätzliche Weltbilder und hatten sich im Wahlkampf scharf angegriffen.

Für die einen ist Le Pen zu extrem, das sei schlecht für das Land. Für die anderen ist auch Macron, der Banker, nicht wählbar, denn das sei schlecht für die Arbeiter.

Le Pen: Für Abschottung

  • Le Pen ist die Kandidatin der rechtsextremen Partei Front National.
  • Die 48-Jährige will den Euro als gängiges Zahlungsmittel abschaffen und ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft Frankreichs ansetzen.
  • Sie plant, die Einwanderung fast vollständig zu stoppen und Frankreichs Wirtschaft mit Protektionismus vor ausländischer Konkurrenz zu schützen.

Macron: Für Europa

  • Macron dagegen steht zur EU, er will den Euro stärken und strebt eine enge Partnerschaft mit Deutschland an.
  • Der Ex-Banker und Ex-Wirtschaftsminister will die Wirtschaft des Landes wettbewerbsfähiger machen.
  • Macron wirbt für einen optimistischen Blick in die Zukunft. Er tritt unabhängig von den etablierten Parteien an und positioniert sich als «weder rechts noch links».

Falls der 39-Jährige gewinnt, wäre er der jüngste französische Präsident aller Zeiten.

Hackerangriff auf «En Marche!»

Das Wahlwochenende wurde von der Veröffentlichung interner Dokumente aus dem Wahlkampfteam Macrons überschattet.

Macron in der Schweiz Favorit

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Legende: SRF

Nirgends leben so viele Ausland-Franzosen wie in der Schweiz: Rund 200'000, die meisten in der Romandie. Wahlberechtigt sind dieses Jahr 134'000. Rund 100 Wahlbüros stehen zur Verfügung. In der ersten Runde entschieden sich 34,7 % hierzulande für Macron (gesamt 24 %). Die zweitplatzierte Marine Le Pen erreichte in der Schweiz lediglich 8,1 %.

Seine Bewegung «En Marche!» erklärte, die Daten seien bei einer massiven und koordinierten Hackerattacke vor einigen Wochen erbeutet worden. Es würden auch gefälschte Dokumente verbreitet. Wer hinter dem Cyberangriff steckt, blieb unklar.

Besonderes Ereignis

Für Frankreich beginnt mit der Wahl in jedem Fall eine neue politische Ära. Denn die Bewerber der traditionellen Regierungsparteien – Konservative und Sozialisten – sind schon im ersten Wahlgang ausgeschieden.

Unklar ist, wie viele Franzosen leer einlegen werden, weil kein Kandidat ihren Wünschen entspricht. Wenn das viele tun, hätte das einen starken Einfluss auf das Resultat und würde wohl am meisten Le Pen nützen.

Bisher haben sich die gemässigten Kräfte der französischen Politik hinter Macron gestellt, um Le Pen zu verhindern. Viele Enttäuschte werden wohl auch so handeln und trotzdem wählen. Als vor 15 Jahren Vater Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl kam, funktionierte die so genannte republikanische Front «alle gegen rechts» gut.

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