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Lehrermord in Frankreich Journalist: «Es wird erwartet, dass der Staat zurückschlägt»

Was läuft schief bei der Terrorbekämpfung in Frankreich? Diese Frage beschäftigt unser Nachbarland derzeit einmal mehr. Am Freitag wurde ein Lehrer auf grausame Weise ermordet. Er sprach zuvor mit seinen Schülerinnen und Schülerin im Unterricht über Meinungsfreiheit – am Beispiel der umstrittenen Mohammed-Karikaturen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nannte die Tat einen islamistischen Terrorakt. Die Polizei reagierte, indem sie am Montag gegen zahlreiche Islamisten vorging. Rudolf Balmer berichtet seit 30 Jahren aus Frankreich. Er sagt: Es werde erwartet, dass der französische Staat zurückschlage.

Rudolf Balmer

Freier Journalist

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Der Journalist Rudolf Balmer berichtet für deutschsprachige Medien aus Paris über französische Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Darunter auch für SRF.

SRF News: Nützt das jetzige Vorgehen der Polizei gegen Islamisten etwas?

Rudolf Balmer: Der französische Staat muss natürlich jetzt reagieren. Man kann nicht nur Kundgebungen auf der Place de la République und in anderen Städten veranstalten. Es wird erwartet, dass der französische Staat zurückschlägt. Genau das hat der Innenminister jetzt angekündigt. Es laufen dutzende von Festnahmen.

Natürlich hat das immer auch den Aspekt eines Gestikulierens – irgendwas muss gemacht werden.

Insgesamt sollen 231 mutmassliche Sympathisanten der Islamisten festgenommen und wenn möglich auch ins Ausland abgeschoben werden. Im Weiteren ist das Verbot von zwei Vereinigungen geplant. Natürlich hat das immer auch den Aspekt eines Gestikulierens – irgendwas muss gemacht werden. Und eine grosse Auswahl hat die Regierung nicht.

Präsident Emmanuel Macron hat auch angekündigt, gegen Hass im Netz vorgehen zu wollen. Offenbar soll die Überwachung von Online-Plattformen intensiviert werden, um bei Gewaltaufrufen schneller tätig werden zu können. Aber kommen solche Massnahmen nicht etwas spät?

Das kann man in vielen Bereichen sagen, wenn die Prävention schlecht funktioniert. In diesem konkreten Fall gibt es in Frankreich eine Online-Plattform, die praktisch jedem Bürger, jeder Bürgerin – aber im Speziellen auch den betroffenen Internet-Unternehmen – erlaubt, Hassbotschaften oder Aufrufe zu Gewalt zu melden, damit sie aus dem Netz genommen werden. Zudem versucht sie die Urheber dieser Botschaften zu identifizieren, damit der Staat gegen sie vorgehen kann. Das funktioniert einigermassen. Aber es kann ganz bestimmt noch verbessert werden.

Was hat Frankreichs Politik in den letzten Jahren sonst noch unternommen gegen islamistischen Terror?

Leider wiederholt sich die Geschichte in tragischer Weise in Frankreich, wenn man an das Attentat gegen Charlie Hebdo denkt, aber auch an fürchterliche Attentate wie gegen Bataclan oder in Nizza. Jedes Mal fragt man sich mit grosser Dringlichkeit, was man denn tun kann. Die Gesetze wurden angepasst, es gibt in Frankreich seit langem die Möglichkeit, gegen Anstiftung zu Hass – auch gegen Rassismus – vorzugehen. Das gesetzliche Arsenal besteht also.

Irgendwo stellt sich auch die Frage einer verpassten Integration.

Was manchmal auch besteht, ist die Gefahr einer Überreaktion. Das heisst, man versucht auf die Schnelle etwas zu machen – und zielt dann womöglich auf die Falschen. Irgendwo stellt sich auch die Frage einer verpassten Integration, etwa beim Fall des jungen Tschetschenen, der in Frankreich politisches Asyl hatte: War dieser dermassen isoliert und weg aus der französischen Gesellschaft, dass er sich zu einer solchen Tat hinreissen liess? Das sind Fragen, die offen bleiben.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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