Am Stadtrand von Kampala befindet sich eine kleine Farm. Auf deren Parkplatz steht an diesem Sonntag ein weisses Zelt, darunter ein paar blaue Plastikstühle. Hinter einem Podest aus Holz hängt ein Plakat, das einen strahlenden Pastor zeigt. «Willkommen in der Destiny Changers Miracle Center Church», steht da in Englisch. Im vergangenen Jahr ist diese Kirche zu einem Zufluchtsort für viele Mitglieder der queeren Gemeinschaft geworden.
Es war schwierig, die Kirche zu finden. Im Viertel, wo sie früher war, ist sie nicht mehr auffindbar. Ein ehemaliger Nachbar erklärt, man hätte die Kirche endlich erfolgreich aus dem Viertel verjagen können. An diesem Sonntag sind nur etwa 20 Menschen am neuen Ort. Knapp 200 Mitglieder verfolgen die Predigt per Livestream. Die meisten von ihnen haben Angst, in der Kirche entdeckt zu werden und kommen deshalb nicht persönlich zum Gottesdienst.
Pastor Simon Mpinga ist selbst Teil der queeren Gemeinschaft und wurde wegen seiner Sexualität schon früh verfolgt. «Im November 2018 wurde ich inhaftiert. Sie wollten mich aufhalten, aber im Gefängnis blühte meine Arbeit auf. Ich kam entschlossen und mit einer neuen Perspektive aus dem Gefängnis. Wir gründeten dann ein Zuhause für Ausgegrenzte, das sich schliesslich zu einer Kirche entwickelte.»
Seit der Einführung des verschärften Anti-Homosexualitätsgesetzes letztes Jahr hat Pastor Simon 35 Menschen in der Kirche aufgenommen. Viele von ihnen mussten ihre Wohnungen verlassen, um nicht verhaftet zu werden. Einer von ihnen ist Malakai Kintu, der an diesem Sonntag die Technik im Gottesdienst bedient.
Das Gesetz hat uns sehr geschadet. Ich habe meinen Job verloren, weil einige Leute wussten, wer ich bin.
«Das Gesetz hat uns sehr geschadet. Ich habe meinen Job verloren, weil einige Leute wussten, wer ich bin. Menschen nutzen meine Schwäche aus, um mich fertig zu machen und zu erpressen. Auch lebe ich in einer Familie, die mich nicht mag. Mein Bruder verbreitet gar die Nachricht, dass ich tot sei.»
Malakai Kintus Familie behauptet lieber, er sei tot, als seine Sexualität zu akzeptieren. Viele erleben Ähnliches. Seit der Einführung des Gesetzes verzeichnete die ugandische Organisation «Human Rights Awareness and Promotion Forum» über 770 Übergriffe gegen die queere Gemeinschaft – meist Gewaltattacken und Zwangsräumungen. Viele Fälle werden jedoch aus Angst gar nicht erst gemeldet.
Ungenügende Gesundheitsversorgung
Pastor Simon sieht ein besonders grosses Problem bei der Gesundheitsversorgung. Viele Kliniken behandeln keine queeren Menschen mehr. Das neue Gesetz habe zu einer Gesundheitskrise geführt, sagt auch Luswata Brant. Er ist Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation «Icebreakers Uganda», die eine der letzten LGBTQ-Kliniken im Land führt. «Seit das Gesetz verabschiedet wurde, ging die Zahl unserer Klienten um 50 Prozent zurück.»
Eine der grössten Herausforderungen sei die steigende HIV-Rate, sagt Brant. «Wie können wir HIV und Aids beenden, wenn Gesetze und Richtlinien Menschen daran hindern, kontinuierliche Gesundheitsdienste in Anspruch zu nehmen?»
Ein Jahr nach Einführung des Anti-Homosexualitätsgesetzes lebt die ugandische LGBTQ-Gemeinschaft in ständiger Angst. Malakai Kintu spricht den Betroffenen aber Mut zu: «Ich möchte diesen Menschen sagen, egal, wo sie sind, dass sie mutig sein sollen. Sie sollten keine Angst haben. So hat Gott uns geschaffen. Ja, es gibt einen Platz für uns.»