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Libyen nach Gaddafi Die libyschen Milizen sind zu Akteuren geworden

Worum geht es? Nach schweren Kämpfen in Tripolis hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. Am 15. August waren Gefechte ausgebrochen, als Mitglieder der Special Deterrence Force – kurz: Rada – den Kommandeur der 444. Brigade in Gewahrsam nahmen. Mahmoud Hamza von der 444. Brigade wurde inzwischen wieder freigelassen und konnte zu seiner Einheit zurückkehren. SRF-Auslandredaktorin Veronika Meier sagt: «Der Vorfall war wohl eine Art Machtkampf zwischen zwei der grössten und einflussreichsten Milizen in Tripolis.» Warum genau Hamza in Gewahrsam genommen worden sei, wisse man nicht. Allerdings sei klar geworden, dass Rada mit diesem Schritt zu weit gegangen sei.

Eine Gruppe Männer, die den in der Mitte stehenden freudig begrüsst
Legende: Mahmoud Hamza konnte zu seiner Brigade zurückkehren. Reuters/44. Brigade/Handout via Reuters

Bilanz: Gemäss den Angaben eines Sprechers des libyschen Zentrums für Notfallmedizin wurden bei den Kämpfen 55 Menschen getötet und mehr als 150 verletzt. Wie viele Zivilistinnen und Zivilisten unter den Opfern waren, ist nicht bekannt. Zahlreiche Menschen seien laut Nachrichtenagenturen in Sicherheit gebracht worden, weil sie durch Kämpfe in Wohngebieten in Tripolis eingekesselt gewesen seien.

Politischer Stand in Libyen: Libyen ist seit dem Sturz von Langzeitherrscher Gaddafi 2011 gewissermassen zerfallen. Libyen ist ein Land mit zwei rivalisierenden Regierungen und mit Milizen, die diese Regierungen unterstützen. «Bei den Milizen gab es eine Art Flurbereinigung in den letzten Jahren. Heute gibt es weniger dieser bewaffneten Gruppierungen, dafür haben sie an Einfluss gewonnen», sagt die Auslandredaktorin.

Milizen und Politik: «Die Regierung in Tripolis muss sich auf die Milizenführer und deren Leute abstützen, um überhaupt überleben zu können», so Meier. Allerdings habe die Regierung diese Milizen nicht unter Kontrolle. «Die Milizen werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Und sie haben privilegierten Zugang zu den Geldtöpfen, auch zu den staatlichen.» Es gehe dabei auch um Korruption. Im Staatsapparat gebe es Personen, die ihre Stellung konkret den Milizen zu verdanken hätten. «Die Milizen sind Akteure geworden, an denen man in Libyen nicht mehr vorbeikommt», hält Veronika Meier fest.

SRF 4 News, 17.08.2023, 07:46 Uhr ; 

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