Die gute Nachricht: Privathaushalte und Unternehmen sollen nicht mehr als 180 Euro für eine Megawattstunde Gas bezahlen. Der Gaspreisdeckel ist damit endlich beschlossen. Die Zustimmung von Deutschland zeigt aber, dass der Preiskorrektur-Mechanismus ohne Folgen bleiben könnte.
Monatelang drängten vor allem Spanien, Griechenland, Polen und dann auch Frankreich auf eine staatlich verordnete Obergrenze für Gas in der EU. So wollen sie ihre Wählerinnen und Wähler und ihre Unternehmen vor den aktuell überhöhten Energiepreisen schützen.
Monatelang weigerte sich die EU-Kommission, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu unterbreiten. Technisch sei das viel zu kompliziert und die negativen Folgen würden überwiegen, betonten die Bürokraten.
Streit um Preisobergrenze
Erst als eine Mehrheit der Staats- und Regierungschefs die Präsidentin der EU-Kommission bedrängten, gab diese nach. Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Lösung kam allerdings einem Affront gleich. Die erlaubte Preisobergrenze für Gas wurde so hoch angesetzt, dass sie kaum je erreicht worden wäre.
Seither streiten sich die EU-Staaten über die richtige Höhe des Maximalpreises für Gas und über die Bedingungen, unter denen der Preisdeckel aktiviert würde. Beide Lager beharren auf ihren vorgefassten Meinungen: Deutschland, der grösste Gasverbraucher Europas, die Niederlande, wichtiger Gaslieferant, Ungarn, das lieber russisches Gas kaufen will, Österreich – diese Länder fordern weiter eine höchstmögliche Preisgrenze.
Die Fürsprecher eines Preisdeckels forderten einen unrealistisch tiefen Preis, der sich innenpolitisch gut verkaufen lässt, aber nicht finanzierbar wäre. Die Energieministerinnen und Minister einigten sich schliesslich auf eine willkürliche Höhe von 180 Euro.
Gasversorgung bleibt unberechenbar
Das macht die Sache für die Verbraucher berechenbar. Allerdings nicht für die nationalen Finanzminister. Denn Gaspreisdeckel machen Gasmoleküle auf dem freien Markt nicht billiger, sondern definieren einfach, ab wann die öffentliche Hand die Rechnung der Haushalte und Unternehmen übernimmt. Das könnte sehr teuer werden.
Es könnte auch sein, dass Flüssiggasanbieter in der Golfregion ihr Gas lieber an den Meistbietenden auf dem Weltmarkt verkaufen, als mit knausrigen EU-Importeuren um Euro zu feilschen. Ob das eintrifft, ist von China abhängig. Falls dort der Energiebedarf wegen der wirtschaftlichen Erholung wieder steigt, dann droht in Europa Mangellage.
Wahres Problem bleibt ungelöst
Im kommenden Frühling könnte dieses Szenario eintreffen. Dann müssten in der EU die Gasspeicher wieder gefüllt werden mit Flüssiggas. Die Internationale Energieagentur rechnet vor, dass den EU-Ländern aber knapp zehn Prozent des jährlichen Gaskonsums fehlen – egal zu welchem Preis.
Die Energieminister mögen sich heute auf einen Gaspreisdeckel verständigt haben. Niemand sollte aber glauben, dass damit ein dringliches Problem gelöst wurde. Das Problem ist, dass immer noch zu viel Gas konsumiert wird. Und wenn Europa den Gaspreis künstlich senkt, dann sollte sich niemand wundern, wenn die Lust am Sparen ebenfalls sinkt.