Kleinbäuerin Blanca Cruz steht am Salar de Atacama, einem Salzsee in Nordchile, so gross wie das Tessin, in einer der trockensten Regionen der Welt. «Im Boden gibt es Süsswasser, aber wir können es nicht trinken», sagt Cruz. «Die Firmen dürfen es für die Lithium-Förderung nutzen. Damit sich der Rest der Welt weiterentwickelt. Und was ist mit uns?»
Klar ist: Der Wassermangel hat mehrere Ursachen, darunter Klimawandel, Tourismus, Kupferbergbau. Aber: Der wasserintensive Lithiumabbau findet in direkter Nachbarschaft statt. Viele der Anwohner sind nicht grundsätzlich gegen den Bergbau. Doch sie fordern mehr Respekt – für Menschen und Umwelt.
Grösste Lithium-Reserven liegen in Südamerika
Derzeit ist Australien Lithium-Produzent Nummer eins, dort wird das Mineral aus Felsen gewonnen. Doch die weltweit grössten Reserven liegen im Dreieck Bolivien, Argentinien und Chile. Zur Lithiumgewinnung wird dort Salzlake hochgepumpt , dabei verdunsten die Wasseranteile in offenen Becken .
In Chile wird bereits im grossen Stil gefördert, die Nachbarländer stehen in den Startlöchern. Deutsche Automobil-Konzerne lassen Nachhaltigkeitsstudien erstellen, Elon Musk sendete schon Emissäre in die Region.
«20'000 Liter Wasser für eine Autobatterie»
Doch: Es fehle an unabhängigen Studien, sagt Francisco Mondaca, der Umweltbeauftragte eines Zusammenschlusses von indigenen Gemeinden in der Atacama-Region: «Für eine durchschnittliche Autobatterie gehen wir von etwa 20’000 Litern Wasser aus, das verdunstet. Das ist nicht grün.»
Die Sorge: Dass Abpumpen der Salzlake könnte den Grundwasserpegel beeinflussen. In der Kritik steht auch der Staat. Dieser kontrolliere nicht genug, Grenzwerte seien zu lasch. «Unternehmen sagen: Wir haben die Regeln eingehalten, nicht mehr Wasser entnommen als erlaubt. Aber für die Lagune oder die Mikroorganismen ist es zu viel.»
Konzerne weisen Kritik zurück
Der Lithiumproduzent SQM weist die Bedenken zurück. Man investiere in Forschung und schone Ressourcen. Der Plan bis 2030: Mehr Lithium fördern und zugleich den Wasserverbrauch halbieren. Die Energie für die Verdunstung liefere die Sonne, CO2-neutral. Das Unternehmen entnehme weniger Salzlake, als erlaubt und zusätzliches Süsswasser dort, wo man den Anwohnern kein Wasser wegnehme.
Konzern-Hydrogeologe Corrado Torre sagt: «Es gibt keine Belege für Umweltschäden. Das Unternehmen sagt nicht, dass es kein potenzielles Risiko gibt. Aber deshalb gibt es ein Monitoring-Netz mit einer ständigen Kontrolle des Wasserstands, der Salzlake-Vorkommen, von Fauna und Flora.»
Bringt neue Verfassung strengere Bestimmungen?
Ingenieurin Ingrid Garcés von der Universität Antofagasta gibt jedoch den Umweltschützern Recht: «Oft wird gesagt: Der CO2-Abdruck ist gering, das ist gut gegen den Klimawandel. Aber, was ist mit dem Wasserverbrauch?»
Ich bin nicht gegen die Industrie, aber wir brauchen ein grösseres Umweltbewusstsein.
Der Staat müsse von Unternehmen Investitionen in Technologien einfordern, mit denen das Verdunstungswasser aufgefangen wird: «Ich bin nicht gegen die Industrie, aber wir brauchen ein grösseres Umweltbewusstsein.». Im September stimmt Chile über eine neue Verfassung ab. Diese soll «grüner» werden. Das bedeutet auch: Sie soll strengere Regeln für den Bergbau enthalten.