Er gibt sich gerne als «Winner»-Typ: Boris Johnson, als hartgesottener Politiker, den nichts, aber auch gar nichts erschüttern kann. Und er tut dies einmal mehr am Vorabend der Lokalwahlen vom Donnerstag, als er den Flughafen im südenglischen Southampton besucht und dort eine schöne Summe Geld für den Ausbau des Regionalflughafens in Aussicht stellt.
Die sich in Umfragen seit längerem abzeichnenden herben Sitzverluste in den Gemeinde- und Stadträten und ein deshalb drohendes Misstrauensvotum im britischen Unterhaus redet der britische Premierminister lautstark weg: «Ich bin absolut sicher, dass wir weitermachen können. Wir haben das richtige Programm für das Land. Ich bin stolz darauf.»
Vorerst kann Boris Johnson weitermachen. Die erdrutschartige Niederlage, wie sie Pessimisten in seiner Partei vorausgeahnt hatten, ist ausgeblieben. Eine solche Niederlage hätte Johnson politisch kaum überlebt.
Der «Winner»-Typ ist noch nicht aus dem Schneider
Doch aus dem Schneider ist der schillernde Tory-Leader bei weitem nicht: Schon in den nächsten Tagen könnte er von der Partygate-Affäre eingeholt werden. Die Polizei ermittelt wegen zwölf Festen, die während des Corona-Lockdowns am Regierungssitz stattgefunden haben sollen. Johnson soll an mehreren Partys teilgenommen haben. Eine erste Busse hat er Mitte April bereits erhalten, weitere dürften folgen.
Wenn mehrere Bussen in kurzer Abfolge bekannt werden sollten, könnte dies den Unmut der traditionellen Konservativen neu anfachen. Und weitere Abgeordnete könnten sich zu den ein paar Dutzend öffentlich bekannten Johnson-Kritikern dazugesellen, die seit Wochen seine Absetzung verlangen. Sobald 54 konservative Abgeordnete gegenüber dem zuständigen, parlamentarischen Gremium Boris Johnson schriftlich das Vertrauen entzogen haben, kommt es zu einer Misstrauensabstimmung in der konservativen Unterhausfraktion. Und dann könnte Johnsons Zeit als Tory-Leader und Premierminister schnell vorbei sein.
«Ach was! Schwamm drüber», scheint sich Boris Johnson zu sagen und versucht die Wahlschlappe bei den Lokalwahlen möglichst schnell abzuhaken. Nach einer für seine Verhältnisse auffallend langen Twitter-Pause von 15 Stunden zwitschert er betont launig: «Ich besuche eine Mal-Klasse in der ‹Field End Infant School › in meinem Wahlkreis, die sich auf das Platin-Thronjubiläum der Königin vorbereitet.» Es ist der erste Tweet auf seinem offiziellen Twitter-Kanal am heutigen Tag. Kein Wort zum Ausgang der Wahlen. Als Winner-Typ mag er sich nicht lange mit Niederlagen aufhalten.