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Machtkampf in Venezuela Freie Hand für Maduros Marionetten-Regime

Das Parlament Venezuelas ist vom Obersten Gerichtshof entmachtet worden. SRF-Korrespondent Ulrich Achermann spricht von einem Staatsstreich.

SRF News: Ist die Entmachtung des Parlaments in Venezuela tatsächlich ein Staatsstreich?

Ulrich Achermann: Ja, absolut. Die Regierung hat so eine der lästigen Staatsgewalten ausgehebelt. Die gesetzgeberischen Funktionen bleiben bei der Justiz – die im übrigen eine Marionette von Präsident Nicolás Maduro ist.

Maduro und weitere Personen stehen in einem Gerichtssaal.
Legende: Maduro (links) und seine «Marionetten-Richter» bei einem Festakt im vergangenen Februar. Reuters

Wieso wurde das Parlament ausgehebelt?

Es wird von der bürgerlichen Opposition dominiert, die Präsident Maduro absetzen will. Der Gesetzgeber ist der linken Regierung deshalb lästig geworden. Venezuela steht nahe am Staatsbankrott; es braucht dringend neue Kredite, um die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Doch das Parlament hätte neue Kredite kaum je bewilligt. Das gab wohl den Ausschlag zur Entmachtung durch den Obersten Gerichtshof. Dank seiner Marionetten-Jusitz kann der Präsident jetzt mehr oder weniger in Eigenregie handeln und Venezuela in neue Schulden stürzen. Vorausgesetzt, dem Land leiht überhaupt noch jemand Geld.

Ulrich Achermann

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Porträt von Ulrich Achermann
Legende: srf

Ulrich Achermann ist seit 2003 SRF-Korrespondent und berichtet über alle Länder Südamerikas. Er lebt in Santiago de Chile.

Was sagt das Volk zur Entmachtung des Parlaments?

Bis jetzt nicht viel. Die bürgerliche Opposition will die Bürger am Samstag zum Protest auf den Strassen versammeln; dann wird man mehr wissen. Zudem sind Verfassungsmässigkeit und Rechtsstaatlichkeit nichts, was sich der Mensch auf den Teller schichten kann. Es ist für viele Venezolaner also nicht einfach, die undemokratischen Manipulationen zu durchschauen. Im Vordergrund steht für die Menschen, täglich etwas zu essen auftreiben zu können. In einer von Mangel und Rationierung der Lebensmittel geprägten Wirtschaft zehrt das enorm an den Kräften der Leute.

Venezuelas Opposition fordert die Armee auf, die Demokratie zu retten. Was werden die Uniformierten unternehmen?

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Wahrscheinlich nichts. Die Streitkräfte gehören zur ideologischen Trägerschaft der sogenannten bolivarischen Revolution. Se sind Teil des Regimes, und zwar nahtlos. Zudem stecken sie derart tief im Sumpf der Korruption, dass sie die Maduro-Regierung stützen müssen. Käme die Opposition ans Ruder, so würde Dutzenden von Offizieren der Prozess gemacht. Daher verteidigt die Armee den Status quo.

Was ist passiert?

  • In Venezuela kämpfen der sozialistische Staatschef Maduro und das von der Opposition dominierte Parlament seit Monaten um die Macht.
  • Das Oberste Gericht Venezuelas hat dem Parlament seine Kompetenzen entzogen und bis auf Weiteres sich selbst übertragen.
  • Damit wird die Position Maduros deutlich gestärkt und die Gewaltenteilung de facto aufgehoben. Die Richter stehen dem Präsidenten nahe.
  • Mehrere lateinamerikanische Staaten äusserten sich besorgt über die Vorgänge in dem Land.

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