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Machtübergabe in den USA Politologin: «Trumps Aussage ist ein kleines Thanksgiving-Wunder»

«Falls Joe Biden gewählt wird, räume ich das Weisse Haus.» Das hat Donald Trump auf mehrfache Nachfragen von Journalisten am Donnerstag gesagt. Er stellte jedoch sogleich klar, dass er sich nicht vorstellen könne, dass die Elektoren der Bundesstaaten Mitte Dezember wirklich für Biden stimmen werden. Noch immer macht der US-Präsident Wahlbetrug geltend. Dass das Endresultat noch kippt, glaubt die Politologin Claudia Brühwiler aber nicht.

Claudia Brühwiler

Politologin

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Die Politologin Claudia Brühwiler ist Dozentin für Amerikanistik an der Universität St. Gallen.

SRF News: Wie wichtig ist es, dass US-Präsident Donald Trump einräumt, er werde seinen Platz im Weissen Haus friedlich räumen?

Claudia Brühwiler: Unter normalen Umständen hätten wir ein solches Statement natürlich schon längst gehört. Aber es ist ja nichts normal in diesem Wahljahr. Und daher ist es so eine Art kleines Thanksgiving-Wunder, dass Trump nun wirklich den friedlichen Übergang in Aussicht gestellt hat und damit auch wirklich den Weg für einen geordneten Übergang freigeräumt hat.

Noch immer spricht Trump von Wahlbetrug. Mit mehreren Klagen ist er abgeblitzt. Bleiben noch juristische Wege, um Bidens Sieg anzufechten?

Es sind zwar noch einige Verfahren hängig, aber es sieht eher düster aus für ihn. Und es ist ja bereits ein wichtiges Zeichen gesetzt worden, das zeigt, dass man seitens der Republikaner und der Trump-Regierung nicht mehr wirklich an einen positiven Ausgang glaubt. Diese Woche hat die zuständige Behörde, die General Services Administration, signalisiert, dass man Bidens Wahlsieg anerkennt und damit die Mittel für das Übergangsteam freigibt.

Ein offizielles Eingeständnis der Wahlniederlage ist rein rechtlich gesehen nicht nötig für den Übergang. Aber was bedeutet das für das politische Klima, dass es ein solches Eingeständnis vielleicht gar nie geben wird?

Das ist natürlich unschön, vor allem angesichts der unglaublichen Polarisierung der Vereinigten Staaten. Es wäre zu wünschen gewesen, dass Trump hier Hand geboten hätte, für das, was Biden als es «die Heilung des Landes» angetönt hat. Aber wir konnten nie wirklich darauf hoffen.

Dass Trump angekündigt hat, dass er wahrscheinlich bei der Vereidigung seines Nachfolgers nicht dabei sein wird, ist eine Premiere in der jüngeren Geschichte.

Und auch, dass Trump angekündigt hat, dass er wahrscheinlich bei der Vereidigung seines Nachfolgers nicht dabei sein wird, ist eine Premiere in der jüngeren Geschichte. Das gab es zuletzt im 19. Jahrhundert. Das ist schade, aber letztlich wird es nichts daran ändern, dass wir im Januar einen neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten haben.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

SRF 4 News, 27.11.2020, 10:05 Uhr ; 

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