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Machtwort des Kanzlers Scholz: Drei letzte deutsche AKW sollen bis April 2023 laufen

  • Die verbleibenden drei deutschen Atomkraftwerke sollen bis maximal Mitte April kommenden Jahres weiterlaufen können.
  • Das hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) entschieden, wie ein Regierungssprecher in Berlin mitteilte.
  • Auf Basis seiner Richtlinienkompetenz ordnete Scholz an, die gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die drei AKW über den 31. Dezember hinaus bis längstens zum 15. April 2023 zu betreiben.

«Es wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland über den 31. Dezember 2022 hinaus bis längstens zum 15. April 2023 zu ermöglichen», heisst es in einem Schreiben, das an Wirtschaftsminister Robert Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP) adressiert ist.

Streit in der Ampel-Koalition

Vor allem FDP und Grüne hatten tagelang darum gestritten, ob und wie lange die drei noch laufenden Atomkraftwerke weiter betrieben werden sollen. Der Grünen-Bundesparteitag hatte am Wochenende den Weiterbetrieb des Atommeilers Emsland über 2022 hinaus ausgeschlossen. Die AKW Isar 2 und Neckarwestheim 2 wollten sie bis zum 15. April in Reserve halten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung nutzen.

Das sagt «Welt»-Ressortleiterin Politik Claudia Kade dazu:

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«Es ist tatsächlich ungewöhnlich, in Deutschland als Kanzler die Richtlinienkompetenz zu ziehen. Das ist jahrelang nicht gemacht worden und es hat immer einen politischen Preis, seine Koalitionspartner zu überstimmen. Ich finde, die FDP fühlt sich nicht zurecht als Siegerin in dieser Frage. Sie hat statt mehreren Jahren längere Laufzeit mit neuen Brennstäben eigentlich nur drei Monate längere Laufzeit für ein AKW bekommen. Auf den ersten Blick mag die Entscheidung von Olaf Scholz aussehen wie eine starke Führungsentscheidung. Aber wenn man genauer hinschaut, würde ich es eher als Verzweiflungstat einstufen, dass Olaf Scholz nun dieses Instrument der Richtlinienkompetenz gezogen hat. Scholz ist mit dem Vorsatz angetreten, eine Koalition auf Augenhöhe zu führen, und davon ist er jetzt abgewichen. Das zeigt, wie verhakt dieser Streit der Ampel wirklich war, sodass sich der Kanzler nicht anders zu helfen wusste.»

Die FDP um Finanzminister Christian Lindner beharrte dagegen auf den Weiterbetrieb auch des AKW Emsland sowie Laufzeiten bis Frühjahr 2024.

Scholz schreibt weiter, «parallel zu dieser Entscheidung» solle ein ehrgeiziges Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz vorgelegt werden. Zudem solle die politische Verständigung der Wirtschaftsministerien im Bund und Nordrhein-Westfalen mit dem Energiekonzern RWE zum Kohleausstieg im Rheinischen Revier «gesetzgeberisch umgesetzt» werden. Die Vereinbarung dazu sieht unter anderem vor, zwei Braunkohlekraftwerke länger laufen zu lassen, bis 2024, aber den Kohleausstieg im Rheinischen Revier um acht Jahre auf 2030 vorzuziehen.

SRF 4 News, 17.10.2022, 20:00 Uhr ; 

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