Die pulsierende Metropole Bangkok, atemberaubende Tempel, unberührte Berglandschaften und zahllose Trauminseln, die vom Yoga-Retreat bis zur Bespassung alles bieten – so zumindest bewirbt die Tourismusindustrie Thailand.
Bei vielen Chinesinnen und Chinesen stösst sie damit aber auf taube Ohren: Denn sie lassen Thailand links liegen. Vor der Pandemie stammte ein Viertel der ausländischen Reisenden aus dem Riesenreich. Nun ist es nur noch ein Bruchteil davon.
Martin Aldrovandi, SRF-Korrespondent in Bangkok, erklärt den Besucherschwund: «In jüngster Zeit hat auch ein Amoklauf in einem grossen Einkaufszentrum mitten in Bangkok dazu beigetragen.» Dabei erschoss ein 14-Jähriger drei Menschen – unter ihnen auch eine chinesische Mutter mit Kindern. «Darüber wurde in China breit berichtet, worauf viele Annullierungen von Thailand-Reisen folgten.»
Unmittelbar nach dem Amoklauf traf sich der thailändische Premierminister Srettha Thavisin mit dem chinesischen Botschafter in Bangkok und betonte auch im chinesischen Fernsehen, dass Thailand ein sicheres Land sei.
Blockbuster triggert Ängste
Die Reiselust wurde auch durch einen chinesischen Blockbuster getrübt, der im Sommer erschienen ist: In «No More Bets» geht es nämlich um Banden, die Chinesen nach Südostasien locken und dort ins kriminelle Milieu zwingen.
Schäbig, sündig und kriminalitätsverseucht: Der Thriller verstärkt Klischees über Thailand, die bereits in China grassieren. Sie werden so weiter im kollektiven Bewusstsein verankert.
Zu den Sicherheitsbedenken kommen monetäre Überlegungen: «Aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage in China konsumieren die Menschen ohnehin weniger. Der Binnenkonsum ist weiterhin nicht auf dem Niveau von vor der Pandemie», erklärt der Korrespondent. «Das wirkt sich auch auf den Tourismus aus.»
Regierung schafft Visumspflicht ab
Um wieder mehr chinesische Touristinnen und Touristen ins Land zu locken, hat die thailändische Regierung die Einreisebestimmungen gelockert – so ist für die Einreise etwa kein Visum mehr nötig.
Es gibt viele Leute hier, die sich über die chinesischen Besucherinnen und Besucher aufgeregt haben.
Während die Tourismusindustrie das Ausbleiben der Chinesinnen und Chinesen bitter beklagt, sieht es in der thailändischen Bevölkerung mitunter anders aus. «Es gibt viele Leute hier, die sich über die chinesischen Besucherinnen und Besucher aufgeregt haben», sagt Aldrovandi. «Vor allem die grossen Reisegruppen aus China wurden teilweise als laut und rüpelhaft empfunden.»
In die Bresche springen die Russen: Sie haben etwa auf der Ferieninsel Phuket die Chinesen als wichtigste ausländische Besuchergruppe abgelöst. Das Problem dabei: Auch sie gelten vielen als laut und rüpelhaft. Zudem lassen sie sich teilweise auch selbst in Thailand nieder und steigen ins Tourismusgeschäft ein – sehr zum Unmut der Einheimischen.
Ende des Overtourism nicht in Sicht
Schon lange ächzt Thailand unter dem Massentourismus aus aller Welt. Der Overtourism schlägt nicht nur den Einheimischen auf den Magen, sondern hat auch ökologische Folgen – etwa für die Korallenriffe oder durch die weiträumige Abholzung von Inseln zum Bau von Hotelanlagen.
Eine Rückkehr zu einem sanfteren Tourismus steht aber nicht wirklich zur Debatte, schliesst Aldrovandi. «Die ganze Infrastruktur samt riesiger Hotelresorts ist auf Massentourismus ausgelegt. Zu viele Branchen sind davon abhängig, als dass man darauf verzichten würde.»