Darum geht es: Die EU-Kommission will die Einfuhr von russischem Gas in die EU bis Ende 2027 vollständig verbieten. Im letzten Jahr machten Gaslieferungen aus Russland noch knapp 19 Prozent aller Gasimporte in die EU aus, gegenüber rund 45 Prozent vor 2022. Zu einem grossen Teil handelt es sich inzwischen um Flüssiggas (LNG), denn mit Turk Stream ist mittlerweile nur noch eine einzige Pipeline von Russland nach Westeuropa in Betrieb. Grund für die Pläne der EU ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und das damit völlig zerstörte Vertrauen in Moskau, ein zuverlässiger Wirtschaftspartner der EU zu sein.
Die Pläne: Im Juni sollen den EU-Mitgliedsstaaten konkrete Massnahmen vorgelegt werden, wie das Verbot umgesetzt werden soll. Konkretes ist derzeit noch nicht bekannt. Von der EU-Kommission hiess es immerhin, man werde dafür sorgen, dass beim Gaspreis höchstens minimale Auswirkungen zu spüren seien und die Versorgungssicherheit gewährleistet sei. Denkbar ist etwa, dass die EU das Verbot über das Handelsrecht einführt. Ein Verbot via Sanktionen erscheint eher unwahrscheinlich, weil dafür Einstimmigkeit aller 27 EU-Staaten erforderlich wäre.
Das Vorgehen: Die EU-Kommission will die Einfuhr russischen Gases schrittweise verbieten. Dafür soll zunächst untersagt werden, neue Lieferverträge für Gaslieferungen aus Russland abzuschliessen. Darüber hinaus will die Kommission auch die Einfuhr von Gas aus Russland über bestehende langfristige Lieferverträge verbieten. Diese Importe müssten aufgrund der grösseren Mengen schrittweise eingestellt werden, hiess es. Ein vollständiges Verbot solcher Lieferungen solle demnach spätestens Ende 2027 in Kraft treten.
Wir werden nicht länger zulassen, dass Russland Energie gegen uns als Waffe einsetzt.
Der Boykott: Nach dem russischen Grossangriff auf die Ukraine Ende Februar 2022 erliess die EU bereits weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie Kohle und Öl. Gas-Sanktionen gab es wegen der grossen Abhängigkeit vieler EU-Länder bisher aber nicht. Jetzt sagt EU-Energiekommissar Dan Jorgensen: «Wir werden nicht länger zulassen, dass Russland Energie gegen uns als Waffe einsetzt. Wir werden nicht länger zulassen, dass unsere Mitgliedstaaten erpresst werden. Wir werden nicht länger indirekt dazu beitragen, die Kriegskasse des Kremls zu füllen.»
Der Ersatz: Inzwischen importiert die EU Erdgas vor allem in Form von LNG. Hauptlieferanten sind Norwegen, das seine Gasförderung seit 2022 stark gesteigert hat, und die USA. Aus den Vereinigten Staaten ist eine weitere Steigerung der Gasimporte in Diskussion, möglicherweise auch als Beitrag zur Beruhigung des Handelsstreits mit der Trump-Regierung. Weiteres Erdgas stammt etwa aus Katar, Algerien oder Nigeria. Und auch beim Öl gibt es verschiedene Alternativen ausserhalb und innerhalb Europas. Zum Beispiel wird in den Niederlanden Erdöl gefördert. Wegen problematischer Auswirkungen auf die Oberflächengeologie aber immer weniger.