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Mays Plan B Alter Wein in neuen Schläuchen – mit bitterem Nachgeschmack?

Theresa Mays Plan B ist abgesehen von einigen kleinen Änderungen ihr Plan A. Also alter Wein in neuen Schläuchen. Sie hatte nach der Niederlage im Parlament am letzten Dienstag versprochen, parteiübergreifende Gespräche zu führen und danach ihren Plan B zu präsentieren.

Doch die Gespräche waren nicht fruchtbar. Dazu kommt: May hat zwar mit verschiedenen Parteien gesprochen, aber nicht mit ihrem wichtigsten Gegner im Parlament: Jeremy Corbyn. Der Parteichef der Oppositionspartei Labour hatte, noch bevor er mit May um einen Tisch sitzen wollte, Bedingungen gestellt: «Ein No-Deal-Brexit muss verhindert werden, Premierministerin, nehmen Sie diese Option vom Tisch.»

Nicht bereit für elementare Kompromisse

Auf der anderen Seite hatte May zwar versprochen, die Türe sei offen für alle. Doch ihre Ohren waren es wohl nicht. Es gibt keine Anzeichen, dass die Premierministerin offen war für elementare Kompromisse, wie beispielsweise einen sogenannt «softeren» Brexit-Kurs, also eine engere Beziehung zur EU. Ein solcher Kurs könnte im Parlament eher eine Mehrheit finden als ihr Brexit-Plan, droht aber ihre Partei zu spalten.

Die Fronten auf beiden Seiten sind verhärtet. Wie ein Kommentator es heute auf den Punkt brachte: «Parlament und Regierung haben eine gute alte Disziplin verlernt: Kompromisse finden.» Als Trostpflaster hat Theresa May heute versprochen Parteien und Organisationen einzubinden um den «breitest möglichen Konsens zu finden.» Das klingt gut, kommt aber wohl zu spät in dem fortgeschrittenen Brexit-Prozess.

Schwieriges Manöver

Doch die wichtigste Message von Theresa May heute: Sie will nach internen Gesprächen einmal mehr versuchen, bei der EU Zugeständnisse beim Nordirland-Problem, dem Backstop, auszuhandeln. Auch das klingt gut, aber es ist ein schwieriges Manöver. Denn wie kann die britische Premierministerin jetzt in wenigen Tagen schaffen, was ihr während anderthalb Jahren EU-Verhandlungen nicht gelungen ist? Und selbst wenn ihr das nach Neuverhandlungen mit der EU gelingen würde, ist damit noch längst nicht sicher, dass das Unterhaus Ja dazu sagt.

Spannend werden die nächsten Tage: Parlamentarier des Unterhauses wollen zu Theresa Mays Brexit-Kurs Änderungsanträge einreichen. Damit will das Parlament nun aktiv den Brexit-Kurs beeinflussen. Ein für das britische Parlament unkonventioneller Weg, der wohl für weitere politische Erdbeben in Westminster sorgen könnte. Diese könnten Ideen beinhalten, wie das Austrittsdatum zu verschieben, ein zweites Referendum zuzulassen oder den Verbleib in der Zollunion anzustreben. Über die Anträge soll am 29. Januar abgestimmt werden.

Auch nach dem heutigen Tag ist vieles unklar und nur eine Option rückt immer näher: Am 29. März endet die EU-Mitgliedschaft Grossbritanniens – und wenn sich nichts ändert, mit einem schmerzhaften No-Deal.

Henriette Engbersen

Grossbritannien-Korrespondentin, SRF

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Engbersen ist seit Frühling 2017 Grossbritannien-Korrespondentin von SRF. Sie ist seit 2008 für das Schweizer Fernsehen tätig, zuerst als Ostschweiz-Korrespondentin und später als Redaktorin der «Tagesschau».

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