Der Verkauf der ungarischen Tageszeitung «Blikk» durch den Schweizer Medienkonzern Ringier sorgt für Aufsehen. Im Interview spricht Ringier-CEO Marc Walder über die Hintergründe des Verkaufs, die Zukunft des unabhängigen Journalismus in Ungarn und die Verantwortung von Medienunternehmen in Zeiten politischer Spannungen.
SRF News: Warum haben Sie die meistgelesene Zeitung in Ungarn verkauft?
Marc Walder: Wir sind seit 30 Jahren in Ungarn investiert. Wir haben «Blikk» aus zwei Gründen verkauft. Erstens: Wir haben digital den Sprung nicht ganz nach vorne geschafft. Wir sind Position drei oder vier, und man muss die Position eins haben. Zweitens: Wir richten uns strategisch in Ungarn neu aus und konzentrieren uns voll auf unsere digitalen Plattformen.
Warum kam der Verkauf gerade jetzt?
Es ist eine Frage der Opportunität. Wir haben einen Käufer und seit sechs Monaten verhandelt. Das waren harte Verhandlungen, die sich jetzt so ergeben haben.
Der Medienkonzern, der die Zeitung übernommen hat, steht Viktor Orbán nahe. Warum stört es Ringier nicht, dass «Blikk» höchstwahrscheinlich bald keinen kritischen Journalismus mehr betreiben wird?
Ich möchte diesem Punkt vehement widersprechen. Die Käuferin hat unseren langjährigen Chefredakteur wieder zurückgeholt. Er ist jetzt der neue Chefredaktor. Nach vielen Jahren Zusammenarbeit kann ich sagen, dass er ein sehr unabhängiger Chefredaktor ist.
Wie können Sie zuversichtlich sein, dass bei «Blikk» kein Abbau des sachlichen Journalismus zugunsten der Regierung passiert?
Index, die Nachrichtenplattform, ist sehr professionell gemacht und hat sich zur Nummer eins in Ungarn entwickelt. Es ist eine journalistisch und technisch sehr gut gemachte Plattform. Zudem ist unser langjähriger Chefredaktor jetzt quasi wieder der Chefredaktor. Das ist für mich ein klares Indiz, dass sie unabhängigen Journalismus wollen.
Im Fall von Index.hu klappte es mit dem unabhängigen Journalismus irgendwann nicht mehr. Es wurde sehr regierungsnahe. Wie können Sie so zuversichtlich sein, dass das bei Blikk jetzt nicht passiert?
Index ist seit zehn Jahren die führende Nachrichtenplattform in Ungarn, hervorragend und erfolgreich gemacht. Wir waren nur noch die Nummer vier. Die Tatsache, dass unser langjähriger Chefredaktor jetzt als neuer Chefredakteur von «Blikk» engagiert wurde, ist für mich ein klares Indiz für unabhängigen Journalismus. Wir haben mit dieser Person viele Jahre sehr gut zusammengearbeitet.
Sie sagen, das sei unabhängiger, sachlicher Journalismus. Aber sie verbreiten Regierungspropaganda bis hin zu Fake News. Sind wir auf der gleichen Linie?
Von Fake News ist mir überhaupt nichts bekannt. Tut mir leid.
Die Medienfreiheit ist wichtig, gerade in Ungarn. Sind Sie sich Ihrer Verantwortung bei dieser Übergabe bewusst?
Wenn man wie ich etwa 130 Medienmarken hat und in Osteuropa seit vielen Jahrzehnten tätig ist, ist man sich dieser Verantwortung sehr bewusst. Ja.
Das Gespräch führte Monika Schönenberger