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Merz wird Kanzlerkandidat Friedrich Merz und das endgültige Ende der Ära Merkel

Als Quizfrage taugt die Frage nicht – weil zu einfach. Was verbinden die Menschen in Deutschland mit der amtierenden Ampel-Regierung unter Kanzler Scholz? Antwort: Ärger, Streit, Chaos.

Vielleicht auch gerade weil es so einfach ist, so klar, haben CDU-Chef Friedrich Merz und sein Pendant aus Bayern, CSU-Chef Markus Söder, einen Anti-Ärger-Pakt geschlossen. Söder stellt seine Ambitionen aufs Kanzleramt zurück und darf am Dienstagmorgen verkünden: «Merz machts!» Merz steht daneben, lächelt leicht, triumphal darf es nicht wirken, höchstens souverän.

Ein Mann mit klarer Linie?

Die beiden Männer geben sich geeint und erfüllen damit ein wichtiges Bedürfnis in Deutschland. Eine klare Linie, keinen Ärger eben. Denn der Zwist in Berlin ist für viele Menschen ein Grund, zum Beispiel AfD zu wählen – oder das «Bündnis Sahra Wagenknecht». Das zuweilen chaotisch anmutende Regieren in Berlin von SPD, Grünen und FDP verunsichert die Menschen, sie sehnen sich nach einer klar erkennbaren politischen Richtung.

Das versucht Merz nun, er wird sich im kommenden Jahr bis zur Bundestagswahl am 28. September 2025 als einen darzustellen, der weiss, was er will, als einen, den keine inneren Zweifel quälen, der Orientierung vermittelt.

Doch wofür steht die CDU eigentlich? Hier hat die Partei noch einen langen Weg vor sich. Will man sich in der Migrationsfrage von der AfD treiben lassen – oder belässt man einen kleinen Teil von Angela Merkels christlich geprägter Nächstenliebe im Programm?

Der bessere Merkel?

Wohin will man bei der Umwelt- oder Finanzpolitik? Das wird die Hauptaufgabe von Kandidat Merz: Die Emanzipation von der Merkel-CDU abschliessen – und eine neue Form von Bürgerlichkeit und Konservatismus finden. In diesen Fragen hat Merz auch eine persönliche Motivation. Einst verlor er den Machtkampf in der Partei gegen Angela Merkel, man darf die ehemalige Kanzlerin getrost als Erzfeindin von Merz bezeichnen. Jetzt endlich, mit 68 Jahren, will Merz beweisen, dass er doch der Richtige ist.

Dass Merz tatsächlich Kanzler wird, dafür stehen die Chancen gut. Bei 33 Prozent steht die CDU derzeit, in den letzten Monaten hat sie dazugewonnen. Dass der aktuelle Kanzler Olaf Scholz mit seiner SPD nochmal Kanzler werden kann, ist derzeit ausgeschlossen.

Impulsivität im Griff?

Ein Jahr lang hat Merz jetzt also Zeit, seine fehlende Erfahrung als Regierungschef zu kompensieren. Dazu gehört – ganz wichtig – seine Impulsivität in den Griff zu bekommen. Dazu gehört auch, seinen Machtanspruch gegenüber Söder zu verteidigen – letzterer ein Mann, zu dessen Charaktereigenschaften Kollegialität auch aus der zweiten Reihe nicht primär zählen. Söder ist immer für einen Seitenhieb gut. Wird er sich zurückhalten können?

Hier sind wir schon bei den schwierigeren Quizfragen. Die komplizierteste aber: Mit wem würde Merz regieren, wenn er nächstes Jahr gewinnt? Wird er überhaupt jemanden finden, mit dem es ohne Streit, Ärger und Zwist geht? Wen soll er im Wahlkampf darum besonders angreifen, wen sich als möglichen glaubwürdigen Partner bewahren? Für die Strategen in der CDU beginnt eine intensive Zeit. Oder im Quiz-Jargon: die Beantwortung der Eine-Million-Euro-Frage.

Stefan Reinhart

Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Stefan Reinhart und Informationen zu seiner Person.

SRF 4 News, 17.9.2024, 14 Uhr

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