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Mexikos Präsidentin «Sheinbaum hat es geschafft, die Trump-Turbulenzen zu bewältigen»

Seit einem Jahr ist Claudia Sheinbaum Präsidentin von Mexiko. Sie ist die erste Frau in diesem Amt. Die freie Journalistin Sandra Weiss berichtet, wie es dem Land unter dieser Präsidentin geht.

Sandra Weiss

Journalistin in Mexiko

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Die gebürtige Deutsche lebt und arbeitet seit 1999 als Journalistin in Lateinamerika. Sie berichtet von dort aus für diverse deutschsprachige Medien.

SRF News: Was läuft gut in Mexiko unter Präsidentin Claudia Sheinbaum?

Sandra Weiss: Die Armut ist in Mexiko in den vergangenen sieben Jahren von fast 42 auf 29 Prozent gesunken. Das ist zwar nicht direkt Sheinbaums Verdienst, aber der von ihrem Mentor und Amtsvorgänger Andres Manuel Lopez Obrador. Es sind vor allem zwei Massnahmen, die von Sheinbaum weitergeführt werden: die Verdopplung des Mindestlohns und das enorme Netz von Sozialhilfeprogrammen.

Ist Sheinbaum nur eine Marionette ihres Vorgängers?

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Mit Ausnahme der Sicherheitspolitik halte sich Claudia Sheinbaum an das Skript, das ihr Vorgänger Manuel Lopez Obrador «vererbt» habe, sagt die Journalistin Sandra Weiss. Lopez Obrador habe noch einige Verfassungsreformen durchgebracht, unter anderem die Anpassung des Wahlprozederes von Richtern, das damit quasi unter die Kontrolle der Regierung gestellt würde. Daran habe Sheinbaum nichts geändert. Sie habe auch viele der Minister von Manuel Lopez Obrador übernommen und den gesamten Propaganda-Apparat.

Über 30 Millionen Mexikanerinnen und Mexikaner, ein Viertel der Bevölkerung, erhält inzwischen Unterstützung vom Staat. Und Sheinbaum hat es zudem bislang auch relativ gut geschafft, die Turbulenzen, die Trump ausgelöst hat, zu bewältigen. Das ist eine Leistung, weil Mexiko extrem von den USA abhängig ist. Über 80 Prozent der Exporte gehen dorthin. Entsprechend erpressbar ist Mexiko auch. Aber bislang sind die Strafzölle und Strafmassnahmen gegen Mexiko relativ gemässigt geblieben – im Vergleich zu anderen Ländern.

Die Mordrate ist zwar leicht gesunken, aber dafür sind Schutzgelderpressung, Raubüberfälle auf Transporte und Verschwindenlassen von Personen stark angestiegen.

Wo geht es denn in Mexiko unter Präsidentin Sheinbaum schlechter als vorher?

Mexikos Wirtschaft stagniert, und das schon seit sechs Jahren. Das hat einerseits externe Gründe wie die Pandemie und die durch Trump ausgelösten Unsicherheiten, andererseits aber auch interne strukturelle Probleme. Wichtige Reformen sind ausgeblieben und die Sicherheit hat sich nicht wirklich verbessert. Die Mordrate ist zwar leicht gesunken, aber dafür sind Schutzgelderpressung, Raubüberfälle auf Transporte und das Verschwindenlassen von Personen stark angestiegen. Es gibt Regionen in Mexiko, die komplett unter der Kontrolle der Kartelle sind, die dort mittels Drohnen und Landminen Terror säen. Und die Menschenrechtsbilanz ist entsprechend katastrophal. 

Es kommt zu immenser Korruption und es gibt kaum noch Gegengewichte, die Rechenschaft einfordern können.

Die Straffreiheit liegt weiterhin bei 95 Prozent. Und dann ist Mexiko noch in Sachen Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaat sehr weit zurückgefallen. Das Regierungsbündnis Morena kontrolliert mittlerweile alle Staatsgewalten. Es kommt zu immenser Korruption und es gibt kaum noch Gegengewichte, die Rechenschaft einfordern können. Und wer es tut – so wie ein paar kritische Medien – wird dann mit Drohungen und Klagen überzogen.

Eine dunkelhaarige Frau während einer Rede
Legende: Claudia Sheinbaum, die erste Präsidentin von Mexiko. Keystone/José Mendez

Wie läuft der Kampf gegen Drogenbanden unter Sheinbaum?

Das ist ein Punkt, in dem sich Sheinbaum von ihrem Vorgänger differenziert hat. Sie hat einen Sicherheitsminister, der durchgreift. Es wurden hunderte von Drogenlaboren ausgehoben, hunderte von Drogenbossen festgenommen, viele davon wurden sofort in die USA ausgeliefert. Das geschieht auf Druck der US-Regierung.

Wie geht die Präsidentin mit der Migration um?

Da kooperiert Mexiko eigentlich schon seit vielen Jahren eng mit der US-Regierung. Mexiko fängt die Migranten unterwegs auf der Strecke ab. Die Migranten aus Drittländern müssen Mexiko durchqueren, um an die US-Grenze zu kommen. 

Letztlich hat die akutelle US-Regierung aber relativ wenige Menschen abgeschoben, weniger als zum Beispiel unter der Regierung Obama.

Mexiko nimmt seine eigenen abgeschobenen Staatsangehörigen zurück, aber auch Staatsangehörige aus Drittländern. Da wurden grosse Auffanglager konstruiert. Letztlich hat die aktuelle US-Regierung aber relativ wenige Menschen abgeschoben, weniger als zum Beispiel unter der Regierung Obama. Durch die brutale Abschreckungspolitik und die Militarisierung der Grenze durch Trump ist die Migration aber mittlerweile sowieso zurückgegangen. 

Das Gespräch führte Martina Koch.

SRF 4 News, 1.10.2025, 6:46 Uhr ; 

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