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Migration über das Mittelmeer Melonis Migranten-Deal mit Tunesien – ein Überblick

Seit Tunesien Migranten gegen Geld zurückhält, sind Italiens Flüchtlingszahlen stark gesunken. Wie lange geht das gut?

Die Zahlen: In Italien sind in diesem Jahr deutlich weniger Flüchtlinge und Migrantinnen angekommen als noch im letzten Jahr. Bisher sind es rund 37'000, im Vorjahr flüchteten im selben Zeitraum mehr als 100'000 Menschen über den Seeweg nach Italien. Die Erklärung für den Rückgang findet sich in Tunesien. Das wirtschaftlich angeschlagene Land hält viele Flüchtlinge zurück und erhält dafür viel Geld, wie Italien-Korrespondent Franco Battel erklärt.

Das Versprechen: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war wegen der Flüchtlingsproblematik mehrmals zu Besuch in Tunesien. Die aktuelle Entwicklung ist für sie und das ganze Land eine erhebliche Entlastung. Meloni hatte, als sie noch in der Opposition war, gar eine Seeblockade gegen Migrantinnen und Migranten gefordert. Sie versprach hartes Durchgreifen, falls sie die politische Macht bekomme. Hohe Fluchtraten hätten ihrem Image wesentlich geschadet. Dieses Problem stellt sich nun vorderhand nicht.

Die Reaktionen: Mit der aktuellen Entwicklung ist das Thema Migration in Italien weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Bei solch vergleichsweise geringen Flüchtlingszahlen widmen sich die Medien anderen Dingen. Die Menschen gehen davon aus, dass sich die Lage entspannt hat. Obwohl im Land alle wissen, dass sich die Lage bald wieder ändern könnte.

Das Abkommen: Das Abkommen mit Tunesien hat bisher gut funktioniert, wobei niemand das offen so sagt. Die Zahlen sprechen aber eine deutliche Sprache. Es gibt aber auch Hinweise aus Tunesien, wonach vermehrt Flüchtlinge und Migranten in die Wüste zurückgebracht und ausgesetzt werden. Es sollen schon Menschen verdurstet sein. Gleichzeitig wird sichtbar, dass mehr Flüchtlinge über Libyen nach Italien kommen oder auf die Route über Griechenland oder Spanien ausweichen. Wie lange das Abkommen Bestand hat, hängt wohl stark vom tunesischen Machthaber Kais Saied und dessen finanziellen Forderungen ab.

Meloni und Saied.
Legende: Italiens Premierministerin Giorgia Meloni und Tunesiens Präsident Kais Saied am 17. April 2024 in Tunis. Sie unterzeichneten weitere Einzelheiten zum Mattei-Plan für Afrika, der Italiens Rolle auf diesem Kontinent stärken soll. Keystone/ Tunisian Presidential Palace via AP/Slim Abid

Projekt in Albanien: Italien investiert auch in ein Projekt in Albanien für zwei Migrantenlager. In dem Zentrum sollen Flüchtlinge ausser Landes betreut werden. Sie sollten noch vor den Sommerferien eröffnet werden. Doch nun wird es Herbst oder noch später. Die Verzögerung hat wohl auch damit zu tun, dass es nun nicht mehr so drängt, und es gibt auch Zweifel, ob das in Albanien funktionieren wird. Es wird stark davon abhängen, ob Italien die Asylgesuche der Leute in Albanien schnell und definitiv entscheiden und Abgewiesene schnell in ihre Heimat zurückführen kann. Ansonsten wären die Lager in Albanien bald voll und blockiert.

Rendez-vous, 27.08.2024, 12:30 Uhr ; 

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