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Mikrochip-Produktion in Taiwan Handelskrieg gefährdet die Halbleiter-Industrie

Den Kampf um die globale Mikrochip-Vorherrschaft spürt vor allem der wichtigste Produktionsstandort Taiwan.

Nur dank Mikrochips funktionieren Handys, Autos und Militärjets. Auf der Insel im Pazifik werden mit Abstand am meisten der technisch fortschrittlichsten Halbleiter produziert. Doch der Standort Taiwan ist unter Druck.

Mann vor PC.
Legende: Tu Chih-Chan ist einer der gut bezahlten 320'000 Angestellten in der Mikrochip-Industrie auf Taiwan. Er designt Chips für 5G-Mobilfunknetz. SRF

Mikrochip-Designer Tu Chih-Chan designt Mikrochips für das 5G-Mobilfunknetz. «Das ist ein wenig wie Pizza machen. Beim Pizza machen musst du entscheiden, tust du Shrimps, Ananas und Zwiebeln darauf? Und wie ordnest du die an? Ich schaue, was wir auf den Mikrochip tun und wie wir die Zutaten anordnen», erklärt der Mittdreissiger zwischen Klavier und Spielzeug im Homeoffice.

Verteilte Wertschöpfungskette

Für seine Arbeit benötigt Tu Chih-Chan eine Spezialsoftware aus den USA. Der fertig designte Halbleiter werde dann von einer anderen Firma in Taiwan, der weltweit grössten Chip-Herstellerin TSMC produziert: «TSMC macht die Pizza. Mit einer Maschine, die sie aus Europa importiert.» Das Beispiel zeigt, wie global verteilt, die Werkschöpfungskette der Halbleiterindustrie ist.

Doch genau diese globale Lieferkette versuchen die Regierungen in den USA, Europa und China mit dem Einsatz von hunderten Milliarden von Dollar aufzusprengen. Jeder möchte möglichst alles bei sich haben. Das sei ein Problem für Taiwan, sagt Ökonomin Liu Pei-Chen. Die Direktorin des Taiwan Institute of Economic Research erforscht die lokale Halbleiterindustrie.

Blick auf das Gebäude der Chip-Herstellerin TSMC.
Legende: TSMC ist weltweit führend beim Herstellen von Mikrochips, besonders bei den fortschrittlichsten Mikrochips. SRF / Samuel Emch

«Die Abgrenzung zwischen dem chinesischen und dem nicht-chinesischen Lager wird in Zukunft deutlicher werden», betont Liu Pei-Chen. Grund sei vor allem der Handelskrieg zwischen China und den USA. So haben die USA zum Beispiel den Verkauf von Mikrochips der neusten Generation nach China verboten.

«Ich befürchte also, dass die Aufträge aus China und den Vereinigten Staaten in Zukunft etwas zurückgehen werden. Darauf muss Taiwan gut achten», sagt Liu Pei-Chen.

Fachkräfte fehlen weltweit

Diese Entwicklung sei ein Problem für die Branche rund um den Globus. Das sagt Burn Lin. Der 81-Jährige ist ein Veteran in der Halbleiterindustrie. Er hat lange für IBM und TSCM gearbeitet und baut derzeit ein Institut für Halbleiter-Ingenieure an der Tsinghua Universität in Taipeh auf.

Wenn nun alle das ganze Knowhow für das Chip-Design, die Produktionsmaschinen und -Verfahren haben wollen, verschärfe dies den sonst schon vorherrschenden Fachkräftemangel.  

Gebäude
Legende: An der Tsinghua Universität in Taipeh werden Ingenieure ausgebildet, die den Fachkräftemangel in der Branche lindern sollen. SRF

Burn Lin, der mit seiner Forschung in den 1980er-Jahren für einen Quantensprung in der Mikrochip-Produktion gesorgt hat, befürchtet eine Lähmung für die Branche.

«Eine der Hauptzutaten für schnelles Wachstum ist die Quantität. Wenn wir in der Produktion eine Verbesserung vornehmen, sehen wir bei einem hohen Durchsatz schnell, ob es funktioniert. Wenn das Volumen jetzt verteilt wird und sinkt, werden wir als Branche langsamer.»

Teurere elektronische Geräte

Die Chip-Industrie werde aber nicht nur langsamer, sondern auch teurer, befürchtet Ökonomin Liu Pei-Chen. Denn der Aufbau von Lieferketten kostet hunderte Milliarden. Diese müssten finanziert werden. Das erhöhe den Preis für Mikrochips. Und: «Das wird sich letztendlich im Preis für elektronischen Produkte niederschlagen, die Sie und ich als Verbraucher kaufen», sagt Ökonomin Liu Pei-Chen.

Bis wir diese Auswirkungen spüren, dauert es aber noch. Anders sieht dies bei Chip-Designer Tu Chih-Chan aus. Er wurde schon von chinesischen und US-Firmen angegangen. Doch wegen der Unsicherheiten hat er andere Pläne. Er wird bald in die Finanzindustrie wechseln. Für die Halbleiter-Branche sind solche Abgänge indes ein weiteres Problem.

Rendez-vous, 28.8.2023, 12:30 Uhr

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