Drohnen, Interkontinentalraketen und unbemannte U-Boote ziehen auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking vorbei. Das eindrückliche Kriegsgerät steht für das steigende Budget der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Unter Präsident Xi Jinping sind die jährlichen Ausgaben des Militärs weiter rasant gestiegen. Heute sind sie über zehnmal grösser als am Anfang des Jahrtausends.
80 Jahre Weltkriegsende – Militärparade in Peking
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Bild 1 von 7. Mit einer grossangelegten Militärparade hat China in Peking den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs begangen. Bildquelle: REUTERS/Maxim Shemetov.
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Bild 2 von 7. Auf dem Gruppenfoto posiert Alt Bundesrat Ueli Maurer mit den Staatschefs (links in der hinteren Reihe, direkt neben der Laterne). Bildquelle: Imago Images/Sergei Bobylev.
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Bild 3 von 7. Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un trifft ein. Bildquelle: Imago/SNA.
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Bild 4 von 7. Chinesische Luftwaffenangehörige marschieren während der Militärparade. Mehr als 10'000 Soldaten nahmen an der Parade teil. Bildquelle: Reuters/Tingshu Wang.
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Bild 5 von 7. Militärhubschrauber fliegen in der Formation der Zahl 80 über die Menschenmengen. Bildquelle: REUTERS/Go Nakamura TPX IMAGES OF THE DAY.
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Bild 6 von 7. Kreml-Herrscher Wladimir Putin (links) mit Chinas Staatschef Xi Jinping (Mitte) und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un (rechts). Bildquelle: Sputnik/Sergey Bobylev/Pool via REUTERS.
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Bild 7 von 7. Unbemannte Unterwasserfahrzeuge des Typus AJX002 werden vorgeführt, während die grosse Zuschauerschaft fleissig fotografiert. Bildquelle: REUTERS/Go Nakamura TPX IMAGES OF THE DAY.
Trotz der Machtdemonstration sind Sicherheitsexperten wie Timothy Heath vom Thinktank Rand, der dem US-Militär nahesteht, skeptisch. Er erklärt: «Alleine fortschrittliche Waffen zu haben, heisst nicht, dass man weiss, wie man damit kämpft.» Dies gelte auch für die Volksbefreiungsarmee.
Obwohl US-Generäle behaupten würden, Xi wolle seine Streitkräfte bis 2027 kriegsbereit haben, zweifelt Heath daran: «Das chinesische Militär hat nicht die Erfahrung und auch nicht die Organisationsstruktur, um einen grossen Krieg zu führen.» Das werde auf absehbare Zeit so bleiben, sagt Heath.
Parteitreue über Gefechtsbereitschaft
Ein Hauptgrund dafür sei, dass die Volksbefreiungsarmee eigentlich der militarisierte Arm der Kommunistischen Partei Chinas sei. Parteitreue werde höher bewertet als Gefechtsbereitschaft.
«Die Soldaten verbringen 20 bis 40 Prozent ihrer Zeit mit politischer Indoktrination. Zeit, die investiert werden könnte, die Gefechtsbereitschaft zu verbessern», sagt der Sicherheitsexperte.
Zudem prägt laut Heath die politische Ausrichtung auch die Kommandostruktur. Jede Einheit habe eine geteilte Führung mit einem militärischen Kommandanten und einem Politkommissar. Letzterer könne die Entscheidungen des Ersteren blockieren. «Das führt zu einer Lähmung der Führung. Im Ernstkampf kann dies tödlich sein.»
Auch andere Beobachter sagen, die Volksbefreiungsarmee sei mit ihrer Organisation nicht auf einen möglichen Kriegseinsatz ausgerichtet. Die bestehenden Strukturen würden sogar Korruption begünstigen. Taylor Fravel, Professor für Politikwissenschaften an der US-Universität MIT erklärt: «Korruption gibt es insbesondere im Zusammenhang mit Rüstungsentwicklungsprogrammen und Bauprojekten.» Und «die zunehmend grossen Summen für die Aufrüstung der Armee schaffen vermehrt Möglichkeiten, Geld abzuzweigen».
«Innere Stabilität für China wichtiger»
Uneinig sind sich die Experten darüber, was dies für eine potenzielle militärische Eskalation in der Taiwanstrasse bedeutet. Fravel analysierte die letzten militärischen Konflikte Chinas. Das Land habe auch Kriege geführt, ohne dass die Einsatzbereitschaft der Volksbefreiungsarmee gegeben gewesen sei. «Wenn China seine Interessen bedroht sieht, kann die Überzeugung reifen, dass es notwendig sei, diese zu verteidigen», sagt Fravel.
Timothy Heath findet historische Vergleiche nicht hilfreich. Er vertritt eine andere These. Im Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen aus Peking meint er: «Taiwan hat keine hohe Priorität für die chinesische Führung.» Damit sei ein Krieg unwahrscheinlich. Für die innere Stabilität und damit den Machtanspruch der kommunistischen Partei sei die Wirtschaft viel wichtiger.
Das bei der Parade präsentierte Kriegsgerät kann also kein zuverlässiger Indikator dafür sein, wie stark und wie einsatzbereit die Volksbefreiungsarmee ist. Es bleibt eine Inszenierung für das eigene und das ausländische Publikum.