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Ministerpräsident tritt zurück Slowakische Regierung in der Krise: Expertenregierung übernimmt

Minister um Minister verlässt den Posten: Die slowakische Regierung befindet sich in einer Krise. Was ist da genau los? Marianne Allweiss ist Korrespondentin des Deutschlandfunks für Tschechien und die Slowakei und erklärt, wie es zu dieser Situation kommen konnte.

Marianne Allweiss

Journalistin

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Marianne Allweiss ist Hörfunk-Korrespondentin für das Deutschlandradio und die ARD in Prag. Ihre Berichtsgebiete sind Tschechien und die Slowakei.

SRF News: Bei der slowakischen Regierung scheint vieles im Argen zu liegen. Letzte Woche sind schon der Landwirtschaftsminister und der Aussenminister zurückgetreten. Nun auch der Ministerpräsident. Warum ist diese Regierung so instabil?

Marianne Allweiss: Die Umfragewerte der konservativen Regierungsparteien dümpeln seit Monaten um die 5-Prozent-Hürde. Diese könnten also den Einzug ins Parlament verpassen. Sie befürchten, dass die linkspopulistischen Kräfte nach Neuwahlen wieder an die Macht zurückkehren könnten. Daher hat die Slowakei schon vor Monaten in den Wahlkampfmodus gewechselt, dabei kämpft das Land mit enormen Problemen.

Der Fall der slowakischen Regierung

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Eduard Heger, der nun zurückgetreten ist, sei von Anfang an eine schwache Figur gewesen, sagt Korrespondentin Marianne Allweiss.

Heger kam nach dem Rücktritt von Igor Matovič, dem eigentlichen Wahlsieger von 2020. Aber Matovič hatte durch unerfahrenes, chaotisches, auch eigenmächtiges Handeln innerhalb kürzester Zeit dieses Vertrauen verspielt und zahlreiche Skandale ausgelöst.

Er ist aber Chef der stärksten Regierungspartei, der Konservativen Olano, geblieben. Zudem ist er auch Finanzminister geblieben, hat im Hintergrund weiter die Fäden gezogen und dadurch einen Koalitionspartner so verärgert, dass die wirtschaftsliberale SAS-Partei im Sommer aus der Regierung ausgestiegen ist.

Dadurch hat Heger seine Mehrheit im Parlament verloren, und im Dezember ist er dann durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt worden, seitdem hatte er nur eingeschränkte Kompetenzen.

Die Inflation liegt bei etwa 15 Prozent. Da ist die Energiekrise, der Ukraine-Krieg. Seit Dezember sind der Gesundheits- und Finanzminister zurückgetreten. Diese Ämter hat Premier Heger schon übernommen und er hätte jetzt noch zwei andere Ministerämter mit dem Personal besetzen müssen, das noch an Bord ist. Neue Mitglieder darf er nicht ernennen. Nun hat Präsidentin Zuzana Čaputová ein Machtwort gesprochen und gesagt: Genug ist genug.

 Präsidentin Zuzana Čaputová
Legende: Genug ist genug, sagte sich Präsidentin Zuzana Čaputová nach dem Rücktritt von Eduard Heger: Bis zu den Neuwahlen im September soll ein Expertengremium das Land führen. REUTERS/Radovan Stoklasa

Bis zu den Wahlen im September sollen Expertinnen und Beamte das Land führen. Kann das zumindest vorübergehend etwas Stabilität bringen?

Beobachter hoffen, dass ein Expertenkabinett wenigstens wichtige Sachaufgaben erfüllen kann, anders als der Premierminister jetzt. Das Team stehe schon fest, sagte Zuzana Čaputová am Sonntag. Bisher ist aber nur bekannt, wer es führen soll, nämlich Ludovit Odor, ein erfahrener Wirtschaftswissenschaftler, der auch schon eine konservative Vorgängerregierung beraten hat.

Diese Expertenregierung muss sich dann innerhalb von 30 Tagen der Vertrauensfrage im Parlament stellen, braucht also eine Mehrheit der Abgeordneten. Es bleibt kompliziert in den nächsten Tagen und Wochen.

Wie blickt die Bevölkerung auf diese Regierungskrise?

Da ist von einer Regierungskrise die Rede, aber immer wieder auch von einer Krise der Demokratie in der Slowakei. Die ist vor etwas mehr als fünf Jahren schon enorm erschüttert worden durch den Mord am Journalisten Jan Kuziak. Er hatte über tief sitzende Korruption in der Slowakei bis in die Regierung recherchiert.

Langzeitpremierminister Robert Fico musste damals zurücktreten, führt aber jetzt wieder in den Umfragen.

Die Rolle der Ukraine

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Die Rolle der Ukraine im slowakischen Wahlkampf sei zentral, sagt Korrespondentin Marianne Allweiss. Unter Hegers Führung hat die Slowakei das Nachbarland entschlossen mit Waffen unterstützt.

Der ehemalige Langzeitpremier Robert Fico hat sich in der Opposition weiter radikalisiert. Und er hat angekündigt, dass er die Ukraine nicht weiter mit Waffen unterstützen würde. Fico verbreitet prorussische Verschwörungstheorien, anders als die noch amtierende Regierung. Heger versucht, die Stimmung für sich zu drehen, indem er verkündet, mit Fico käme die Mafia zurück an die Macht und das Land würde ein zweites Ungarn werden.

Im Herbst stehen diese Neuwahlen an. Was braucht es, damit das Land wieder zu Stabilität findet?

Der Vertrauensverlust in demokratische Institutionen insgesamt ist riesig, sodass es auch neuere liberale, proeuropäische Parteien sehr schwierig haben, wie zum Beispiel auch die Partei der Präsidentin. Es bräuchte einen echten Neuanfang mit neuem Personal, mit neuen Politikern, die in der Lage sind, nicht nur Klientelpolitik zu betreiben, sondern auch wirklich durchzuhalten und Werbung für die Demokratie in der Slowakei zu machen.              

Das Gespräch führte Vera Deragisch.

SRF 4 News, 08.05.2023, 6:45 Uhr ; 

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