Zum Inhalt springen

Mit Berufung abgeblitzt Kardinal George Pell bleibt in Haft

  • Der wegen Kindesmissbrauchs verurteilte frühere Vatikan-Finanzchef George Pell muss in Australien im Gefängnis bleiben.
  • Ein Gericht in Melbourne hat die Berufung des 78-jährigen Kurienkardinals abgelehnt.
  • Er soll in den 1990er-Jahren in Melbourne zwei Chorknaben missbraucht haben.

Pell war im März als ranghöchster Geistlicher in der Geschichte der katholischen Kirche wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.

Dagegen hatte der ehemalige Vertraute von Papst Franziskus Berufung eingelegt. Er weist alle Vorwürfe seit jeher zurück. Als Finanzchef war er praktisch die Nummer drei des Vatikans.

Kein einstimmiger Entscheid

Der Supreme Court – das höchste Gericht des Bundesstaats Victoria – lehnte die Berufung gegen das Urteil des Geschworenengerichts nun ab. Die Entscheidung der drei Berufsrichter fiel allerdings nicht einstimmig aus, sondern mit einer Mehrheit von 2:1.

Missbrauch zweier Chorknaben

Box aufklappen Box zuklappen

Die Vorwürfe reichen in die Jahre 1996/97 zurück, als Pell gerade Erzbischof von Australiens zweitgrösster Stadt Melbourne geworden war. Die beiden Chorknaben waren damals 13 Jahre alt. Einen der Jungen zwang er nach Überzeugung des Gerichts zum Oralsex. Von den Chorknaben lebt nur noch einer. Der heute 35 Jahre alte Mann war in dem Prozess der entscheidende Belastungszeuge.

Pell wollte das Urteil gegen ihn mit Verweis auf Verfahrensfehler aufheben lassen. Zudem argumentierte die Verteidigung, dass es dem Geistlichen schon wegen der Bischofsgewänder unmöglich gewesen wäre, die Jungen in so kurzer Zeit zu missbrauchen.

Australien entzieht dem verurteilten Kardinal nun einen 2005 für den ausserordentlichen Einsatz zugunsten der katholischen Kirche im Land verliehenen Ehrenorden. Dies kündigte der australische Premierminister Scott Morrison nach Bekanntwerden des Urteils an.

Der Fall Pell ist in Australien und darüber hinaus seit jeher umstritten. Die Fürsprecher behaupten, dass der prominente Kardinal zum Sündenbock für die Missbrauchsskandale der katholischen Kirche insgesamt gemacht werden solle.

Pell dürfte Fall weiterziehen

Ein erster Prozess in Australien war geplatzt, weil sich die Geschworenen nicht einigen konnten. Die Vorsitzende Richterin des Supreme Court, Anne Ferguson, meinte: «Man kann sagen, dass dieser Fall die Gemeinschaft geteilt hat.»

Der Supreme Court bestätigte die Entscheidung, dass Pell frühestens in drei Jahren eine vorzeitige Haftentlassung beantragen kann. Wahrscheinlich ist nun, dass Pell vor Australiens oberstes Gericht zieht, den High Court.

Meistgelesene Artikel